Angesichts der veränderten geopolitischen Lage fordert das Wirtschaftsforum der SPD in einem aktuellen Positionspapier die strategische Neuausrichtung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (SVI). Die zentralen Herausforderungen reichen von der Finanzierung über effizientere Beschaffungsprozesse bis hin zur Innovationsförderung.
„Europa muss eine entschlossene und geschlossene Antwort auf die veränderte geopolitische Lage geben. Hierfür hat die EU-Kommission erste, wichtige Signale gegeben. Auch die ersten Eckpunkte für eine mögliche neue Bundesregierung lassen der Verteidigungsfähigkeit endlich das angemessene Gewicht zukommen“, sagt Matthias Machnig, Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums. „Deutschland muss seine Verteidigungsfähigkeit stärken – mit langfristigen Investitionen, schnellen Beschaffungsprozessen, einer Stärkung der Innovationskraft der Unternehmen und einer strategischen europäischen Zusammenarbeit.“
Das Positionspapier benennt fünf zentrale Handlungsfelder:
1. Langfristige Finanzierung und Investitionen in Schlüsseltechnologien
Um Forschung, Entwicklung und Produktion auf hohem Niveau sicherzustellen, seien neben dem bestehenden Sondervermögen der Bundeswehr umfassende zusätzliche Investitionen erforderlich – insbesondere in digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz, Cyber-Sicherheit und autonome Systeme. Darüber hinaus müssten deutsche Unternehmen gezielt gefördert werden, um Abhängigkeiten von außereuropäischen Zulieferern zu reduzieren.
2. Effizientere Beschaffungsprozesse für die Bundeswehr
Als zu bürokratisch, langwierig und damit innovationshemmend bewertet das Papier die derzeitigen Vergabeverfahren für Rüstungsprojekte, trotz jüngster Verbesserungen. Das Wirtschaftsforum der SPD fordert eine Modernisierung der Prozesse, eine engere Zusammenarbeit zwischen Industrie und Bundeswehr sowie die Einführung von Schnellverfahren für strategisch relevante Technologien. Start-ups und KMU sollen durch vereinfachte Vergabeverfahren besseren Zugang zu Verteidigungsaufträgen erhalten.
3. Europäische Kooperation und technologische Souveränität
Dem Papier zufolge muss Deutschland Schlüsseltechnologien identifizieren und gezielt fördern, um sich von geopolitischen Abhängigkeiten unabhängiger zu machen. Gleichzeitig sei eine stärkere europäische Zusammenarbeit erforderlich, um die Verteidigungsindustrie auf dem gesamten Kontinent wettbewerbsfähiger zu machen. Multinationale Rüstungsprojekte sollten gezielt vorangetrieben und gemeinsame Standards für die Interoperabilität entwickelt werden.
4. Digitalisierung und Innovationsförderung
Die Zukunft der Verteidigungstechnologie liegt in digitalen und IT-gestützten Lösungen. Daher werden gezielte Investitionen in Forschung und Entwicklung gefordert, insbesondere in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Cyber-Resilienz. Wissenschaftliche Einrichtungen und Unternehmen der SVI müssten stärker vernetzt werden, um technologische Entwicklungen schneller in marktfähige Produkte zu überführen.
5. Verlässliche Rüstungsexportpolitik und europäische Harmonisierung
Eine klare und planbare Exportpolitik ist essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen SVI, so der Wirtschaftsverband. Die derzeitige Praxis sei jedoch durch lange Entscheidungswege und nationale Sonderregelungen geprägt, die internationale Kooperationen erschwerten. Das Wirtschaftsforum der SPD spricht sich daher für eine europaweit harmonisierte Exportregelung aus, um gemeinsame Rüstungsprojekte nicht zu gefährden und deutschen Unternehmen mehr Planungs- und Rechtssicherheit zu geben.
Deutschland als verlässlicher sicherheitspolitischer Akteur
Um die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu bewältigen und Deutschland als verlässlichen Akteur in Europa zu positionieren, bedürfe es einer entschlossenen industriepolitischen Strategie. Nur durch gezielte Investitionen, ein modernes Beschaffungssystem und eine berechenbare Exportpolitik könne Deutschland seine sicherheitspolitischen Verpflichtungen erfüllen und seine technologische Souveränität langfristig sichern.
Unsere „Agenda für die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie Deutschlands“