Harald Christ, Mitglied des geschäftsführenden Präsidiums des Wirtschaftsforum der SPD e.V., teilt anlässlich der heutigen Veranstaltung „Finanzplatz Deutschland 2030 – Vision, Strategie, Maßnahmen!“ des Verbands in Berlin unter Mitwirkung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, Finanzmarkt-Staatssekretär Dr. Jörg Kukies, Dr. Theodor Weimer, Chef der Deutsche Börse AG, Martin Zielke, Vorstandsvorsitzender der Commerzbank AG, Friedrich Merz, Chairman des Aufsichtsrates der BlackRock Asset Management Deutschland AG, und Gerhard Hofmann, Präsident der European Association of Co-operative Banks, mit:

„Die Bundesregierung muss stärker für den Finanzplatz Deutschland kämpfen, damit Frankfurt der neue Banker Europas wird. Es muss einen attraktiven regulatorischen und ordnungspolitischen Rahmen geben, der die deutsche Finanzmetropole im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt. Statt wie Präsident Macron die Ansiedlung von Finanzinstituten zur Chefsache zu machen, gibt es von der Bundesregierung bisher nur leidenschaftslose Willensbekundungen, den Standort Frankfurt attraktiver zu gestalten. Während die Mainmetropole in den vergangenen Jahren Boden verloren hat, suchen andere Finanzplätze wie Amsterdam, Luxemburg, Dublin und vor allem Paris aktiv den Wettbewerb und werden politisch stark unterstützt.

Denn nur ein attraktiver und stabiler Finanzplatz Frankfurt hat ernsthaft Chancen, den Banken in London ein gesundes Wettbewerbsumfeld zu schaffen, wo sie sich ansiedeln wollen. Immerhin verlieren mit dem Brexit sämtliche in London agierenden Banken ihren EU-Pass und müssen sich umorientieren, wenn sie weiterhin innereuropäische Geschäfte machen wollen. Mit dem Umzug werden Tausende Arbeitsplätze neu verteilt – mit durchaus spürbaren Folgen für die Einkommen- und Körperschaftssteuer-Einnahmen, aber auch die Kaufkraftentwicklung in der Region.

Nachdem Deutschland das Rennen um die EBA gegen Frankreich verloren hat, muss Frankfurt nun das Rennen gegen Paris beim Euroclearing gewinnen. Die Bundesregierung ist gut beraten, wenn sie sich zum einen grundsätzlich für eine zentralisierte Euro-Clearingstelle in der EU stark macht und damit jedem fragwürdigen Wettbewerb von nationalen Clearingstellen eine Absage erteilt. Zum anderen muss die Bundesregierung konsequent für den Ausbau Frankfurts als Zentrum für die europäische Finanzstabilität werben. Mit Institutionen wie der EZB, der zentralen europäischen Bankenaufsicht (SSM), der Versicherungsaufsicht (EIOPA), dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) und zentralen Systemen wie TARGET2 und TARGET2-Securities ist Frankfurt bereits jetzt zentraler Ort des Geschehens. Eine Entscheidung gegen die Main-Metropole aufgrund des intensiven Werbens der Konkurrenz wäre für die europäische Finanzstabilität ein falsches Signal und im Zuge der Folgen des Brexits für Frankfurt eine vertane Großchance für Europa.

Zudem muss für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz Deutschland auch die bisherige Regulatorik im internationalen Kontext einer Revision unterzogen werden. Diese darf kein Selbstzweck werden, der am Ende als Wettbewerbsnachteil unsere Institute belastet, statt Verbraucher zu schützen. Wir dürfen nicht den Fehler machen, dass unsere Finanzindustrie in angelsächsische Hände fällt.“