Eine kostengünstige und umweltverträgliche Abfallentsorgung, störungsfreie und klimaneutrale Energie, schnelles Internet auch auf dem Land: Die Daseinsvorsorge in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen, um den hohen Ansprüchen der Konsumenten und der Verantwortung für Umwelt und Klima gerecht zu werden und gleichzeitig gewinnbringend zu wirtschaften. Diese Herausforderungen treiben auch die Mitglieder des Wirtschaftsforums der SPD um, die sich im Fachforum Kommunales regelmäßig austauschen. Um die dortigen Diskussionen auf breitere Füße zu stellen und zu hören, wo bei den kommunalen Unternehmen derzeit besonders „der Schuh drückt“, hat das Wirtschaftsforum im Sommer 2017 eine Umfrage gestartet.

239 Unternehmen haben sich an der Umfrage beteiligt, die Mehrzahl aus der Energie- und Wasserversorgung und der Abfall- und Abwasserwirtschaft. 64 Prozent der Teilnehmer vertreten kleine und mittlere Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern, 87 Prozent agieren mit einer kommunalen Mehrheitsbeteiligung. Befragt nach der Zusammenarbeit der Geschäftsführung mit dem (kommunalpolitischen) Aufsichtsrat zeigte sich ein überwiegend positives Bild: Sowohl bei der Festlegung der Geschäftsziele als auch bei der Bewertung der Zielerreichung am Jahresende wurde die Zusammenarbeit mit großer Mehrheit als gut oder sehr gut eingeschätzt. Bei der Kommunikation und einer gemeinsamen Wissensgrundlage sehen dagegen mehr als 23 Prozent der Befragten noch Verbesserungspotential. Die Zahlen zeigen: Die Zusammenarbeit zwischen Geschäftsführung und kommunaler Politik ist erfolgreich. Die Komplexität des Marktes, regulative Vorgaben und eine stetig zunehmende Rechtsprechung scheinen jedoch mehr Kommunikation und Austausch wünschenswert zu machen. Dies passt auch zu einer Erhebung der Unternehmensberatung Kienbaum zur Organtätigkeit in öffentlichen Unternehmen, die ergab, dass die Anforderungen an Aufsichtsräte öffentlicher Unternehmen in den letzten Jahren gestiegen sind und sich zunehmend wandeln. Während es früher vornehmlich darum ging, abgeschlossene Sachverhalte zu überwachen, erfordere die Aufsichtsratstätigkeit heute vielmehr eine proaktive Beratung und Begleitung des Vorstandes, so die Autoren. Die Erhebung zeigt, dass auch die Aufsichtsratsmitglieder selbst bei einer Vielzahl von Themen zusätzlichen Qualifizierungsbedarf für sich sehen – besonders hoch wird dieser bei digitalen Kompetenzen, der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage, bei marktbezogenem Wissen und der Unternehmensstrategie eingeschätzt.

Die Umfrage des Wirtschaftsforums fragte in einem zweiten Schritt nach den derzeit größten Risiken für den Unternehmenserfolg. Hierbei identifizierten die Teilnehmer aller Branchen vor allem zwei gravierende Themen: die wachsenden regulatorischen und bürokratischen Anforderungen und einen Fachkräftemangel. An dritter Stelle, jedoch mit deutlichem Abstand, wurden die (schwer absehbaren) Folgen der Digitalisierung genannt. Ein freies Antwortfeld offenbarte außerdem branchenspezifische Sorgen: Die Energiewende und die damit zusammenhängenden Umwälzungsprozesse sorgen bei den Energieversorgern für Unsicherheiten, beispielhaft genannt wurden das Messstellenbetriebsgesetz, die politischen Eingriffe in den Wärme- und Energiemarkt, der Kostenanstieg, die Braunkohleverstromung oder die Energieerzeugung in Gaskraftwerken. In der Abfallbranche ist es das neue Verpackungsgesetz sowie in der Wasser-/Abwasserwirtschaft verschiedene Gesetzesänderungen im Abwasserbereich (Klärschlamm, Phosphorrückgewinnung, Niederschlagswasser und andere). Auch hier zeigte sich: eine als zu umfassend wahrgenommene Regulierung und eine regelrechte „Normenflut“ bereitet den Unternehmen Sorgen, gleich mehrere Befragte äußerten unisono: „Die Dokumentations- und Monitoringpflichten nehmen Überhand“.

Die Abbildung zeigt die Bewertung der Unternehmensrisiken gestaffelt nach der Mitarbeiteranzahl.

Branchenübergreifend stellt der Fachkräftemangel ein Problem für die kommunale Wirtschaft dar: knapp 66 Prozent der Befragten sehen in den nächsten fünf Jahren einen potentiellen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern, fast 15 Prozent sogar in hohem Maße. Auf die Frage, in welchem Bereich der Mitarbeiterbedarf besonders zu spüren sein wird, verweist der Großteil (65 Prozent) auf die fachlich- technischen Kräfte, also die Facharbeiter, 21 Prozent auf den IT-Bereich.

Befragt nach dem Qualifizierungsbedarf der Beschäftigten in den nächsten fünf Jahren zeigen sich, je nach Größe der Unternehmen, erhebliche Unterschiede. Während kleine Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern den Bedarf an fachlich-technischen Kompetenzen noch gleichauf mit digitalen Kompetenzen sehen, erachten Unternehmen mit 250 bis 1.000 Mitarbeitern den Bedarf an digitalen Kompetenzen mit 74 Prozent deutlich größer als den Qualifizierungsbedarf an fachlich-technischen oder an Management-Kompetenzen (jeweils 16 Prozent).

Diese Zahlen zeigen eine große Sorge um geeignete Mitarbeiter. Mehr denn je kommt es für kommunale Unternehmen daher darauf an, ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben. Hierfür sind Strategien erforderlich, denn die Anforderungen von Arbeitnehmern an ihren Job verändern sich: Für mehr und mehr Arbeitnehmer wird die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben immer wichtiger, ebenso wie die persönliche Entwicklung und Verwirklichung. Diese Faktoren einzubinden und gleichzeitig den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und eine reibungslose Arbeitsorganisation sicherzustellen, kann eine Gratwanderung darstellen.

Die Abbildung zeigt, wo die Unternehmen je nach Mitarbeiteranzahl den größten Qualifizierungsbedarf bei ihren Unternehmen sehen.

Ein Beispiel hierfür ist das Thema Qualifizierung der Mitarbeiter. Während die SPD – auch angesichts der Entstehung neuer Berufe durch die Digitalisierung – vorschlägt, Beschäftigten ein Recht zu verleihen, nach einer unabhängigen Weiterbildungsberatung Qualifizierungen in Anspruch zu nehmen, für die der Arbeitgeber den Beschäftigten freistellt, lehnen knapp 50 Prozent der Befragten diesen Vorschlag ab. Richten sich Qualifizierungsmaßnahmen für Mitarbeiter jedoch an betrieblichen Bedarfen aus, finden mehr als 80 Prozent eine Freistellung in Ordnung. Hier gilt es, das richtige Maß zwischen Wirtschaftlichkeit und Selbstverwirklichung der Beschäftigten zu finden.

Auch der Vorschlag der SPD, für Arbeitnehmer ein Recht auf mobile Arbeit (Home-Office) einzuführen, stößt bei den Befragten zum Teil auf Skepsis: Knapp 53 Prozent halten ein solches Recht nicht oder eher nicht für sinnvoll, demgegenüber stehen etwa 20 Prozent, die es als sinnvoll erachten. Etwas mehr als 45 Prozent sehen es als problematisch für ihr Unternehmen an, wenn mehrere Mitarbeiter im Home-Office arbeiten. Tatsächlich scheint sich diese Skepsis jedoch vor allem auf den Vorschlag eines Rechts auf Home-Office zu beziehen. Denn die Umfrage ergab auch, dass in mehr als 48 Prozent der Unternehmen bereits heute die Arbeit von zu Hause aus möglich ist. Hier scheint es den Arbeitgebern also wichtig zu sein, dass sie nicht in eine Rechtfertigungsrolle kommen, wenn sie die Arbeitsorganisation festlegen – denn wo es möglich ist, ist Home-Office oft schon heute eine Option, die die kommunalen Unternehmen ihren Beschäftigten zugestehen.

Um die Familienfreundlichkeit zu steigern, ermöglichen darüber hinaus mehr als 78 Prozent der teilgenommenen Unternehmen ihren Beschäftigten einen Wechsel von Voll- zu Teilzeitarbeit, mehr als 80 Prozent ermöglichen flexible Arbeitszeiten. Knapp 13 Prozent verfügen darüber hinaus über eine unternehmenseigene Kinderbetreuung. Trotz dieser Maßnahmen zur Steigerung der Familienfreundlichkeit ist der Frauenanteil in der Geschäftsführung bzw. im Vorstand der Unternehmen gering: In 60 Prozent der Fälle liegt der Anteil lediglich zwischen null und 15 Prozent.

Insgesamt zeigt die Umfrage, wie vielfältig die Herausforderungen für die Unternehmen der Daseinsvorsorge sind:

  • Die Geschäftsfelder der kommunalen Unternehmen unterliegen derzeit einem enormen Wandel, etwa durch die Energiewende, durch neue Mobilitätskonzepte oder die Digitalisierung. Um eine erfolgreiche Transformation zu durchlaufen, vernünftig wirtschaften und den Kommunen ein starker Partner sein zu können, brauchen sie unternehmerische Freiheit, Spielraum für Innovationen und Investitionssicherheit. Derzeit leiden kommunale Unternehmen unter stark ausgeprägter Regulierung und immer neuen und höheren Auflagen und Normen.
  • Durch den demographischen Wandel und Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt fehlen Fachkräfte, um die es einen Wettbewerb der Arbeitgeber gibt. Hier müssen sich die kommunalen Unternehmen mit geeigneten Maßnahmen gut aufstellen. Allerdings ist es gerade in der öffentlichen Wirtschaft nicht immer leicht, spezialisierten Fachkräften ein angemessenes Gehalt zu zahlen. Hinzu kommt die oft schwierige Vereinbarkeit von Regelarbeitszeit, Ruhezeit und Bereitschaftsdiensten, gepaart mit den Erwartungen der Arbeitnehmer hinsichtlich ihrer Freizeit.

Das Fachforum Kommunales im Wirtschaftsforum der SPD wird auch zukünftig den Austausch zwischen (kommunaler) Wirtschaft, Politik und Wissenschaft organisieren und sich diesen drängenden Fragen zur Zukunft der Daseinsvorsorge widmen. Es setzt sich dabei für einen fairen Wettbewerb zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen um die besten Lösungen und Angebote ein.