• EU-Lieferkettengesetz: Nachhaltigkeit mit Umsetzbarkeit vereinen

Die EU-Kommission hat ihren Vorschlag für ein Gesetz über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen im vergangenen Jahr vorgelegt. Auch die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf ein europaweites Lieferkettengesetz geeinigt. Im Mai soll nun die Positionierung des Europäischen Parlaments folgen. Für das SPD-Wirtschaftsforum Anlass, mit dem Berichterstatter des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, MdEP René Repasi, mit Johanna Kusch, Referentin für Unternehmensverantwortung bei Germanwatch e.V. und Koordinatorin der Initiative Lieferkettengesetz, sowie Rayk Mende, Bereichsleiter Internationaler Einkauf, Lidl Stiftung & Co. KG, über die Chancen und Herausforderungen eines europäischen Lieferkettengesetzes für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sprechen. Das Gespräch moderierte Verbandsvizepräsident Matthias Machnig.

Konsens bestand darüber, dass Umwelt, Klima und Menschenrechte nachhaltig geschützt werden müssen. Gleichzeitig sollten die Unternehmen die ihnen auferlegten Anforderungen auch umsetzen können. Es gelte daher, ein starkes Gesetz mit einem künftigen Level-Playing-Field in Einklang zu bringen. Hier sei der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission noch nicht ausgewogen genug. René Repasi betonte, dass es darum gehe, Risiken zu identifizieren, um Unternehmen im Rahmen ihrer Möglichkeiten bestmöglich zu mobilisieren. Dass alle Lieferketten mit dem Inkrafttreten des Gesetzes perfekt aufgestellt seien, könne niemand verlangen. Deshalb sei es wichtig, eine Harmonisierung von Mindeststandards zu schaffen, die dann aber auch genau umgesetzt werden müssten. Keine Branche werde ausgespart, allerdings würden Anpassungen an den jeweiligen Sektor vorgenommen werden. „Das Gesetz ist eine Chance, Lieferketten resilient zu machen“, sagte Repasi.

Dass das deutsche ebenso wie künftig das europäische Lieferkettengesetz einen Paradigmenwechsel darstelle, machte Johanna Kusch deutlich. „Das europäische Lieferkettengesetz ist eine Chance für die EU, Haltung zu zeigen und den Schutz von Klima, Umwelt und Menschenrechten durchzusetzen“, sagte sie. Eine verbindliche Gesetzesregelung sei ein klarer Fortschritt. Kusch mahnte aber auch, dass das Gesetz nur Wert habe, wenn dessen Umsetzung garantiert sei. Wichtig sei, dass die Eigenverantwortung der Unternehmen für Sorgfaltsmaßnahmen als kontinuierlicher Prozess festgelegt würde und neben den präventiven Maßnahmen auch Haftung und effektiver Rechtsschutz gesichert würden.

Das Lieferkettengesetz und dessen Signalwirkung für international einheitliche Vorgaben zum Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards begrüßte Rayk Mende. Eine generelle Herausforderung für Unternehmen stelle jedoch die Nachimplementierung von internationalem in nationales Recht dar. Um zeitnah Transparenz in den Lieferketten und heterogenen Strukturen schaffen zu können, müssten die Leitlinien mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf vor Inkrafttreten des Gesetzes einsehbar gemacht werden. „Wichtig ist, dass die operative Umsetzbarkeit der gesetzlichen Anforderungen für Unternehmen, die in den Anwendungsbereich fallen, gewährleistet wird“, betonte Mende.

Weitere Diskussionsthemen waren die Auswirkungen von Brancheninitiativen, der Umgang der EU mit Drittländern in Folge des Lieferkettengesetzes sowie eine mögliche Safe-Harbor-Regelung.