Gerade von Finanz- und Versicherungspartnern erwarten die Menschen Stabilität und Sicherheit. Die Unternehmen am Finanz- und Kapitalmarkt erbringen dafür hohe Leistungen bei der Versorgung und Vorsorge der Menschen, der Finanzierung der Realwirtschaft sowie der erfolgreichen Bewältigung grundlegender gesellschaftlicher Umbrüche wie bspw. der Digitalisierung. Das Fachforum Finanzen und Kapitalmarkt möchte mit diesen Anregungen und Empfehlungen seiner Mitglieder einen Beitrag zur sinnvollen Weiterentwicklung des finanz-, wirtschafts- und verbraucherschutzpolitischen Rahmens der bevorstehenden Legislaturperiode leisten.

Finanzstandort Deutschland im globalen Wettbewerb stärken

  • Seit der Finanzkrise wurde die Finanzmarktregulierung wesentlich wirksamer ausgestaltet. Mit der Haftung von Eigentümern und Gläubigern bei Bankenabwicklungen wurde eine zentrale Forderung der SPD umgesetzt. Mit der Bankenunion wurde ein Aufsichtsmechanismus unter Federführung der EZB, ein Abwicklungs­mechanismus und europäische Standards für die Einlagensicherung etabliert. Heute sind die Finanzmärkte, Produkte und Marktakteure längst nicht mehr unreguliert. Es ist deshalb an der Zeit, die dienende Funktion der Finanzmärkte wieder in den Fokus zu rücken, um Innovationen, Investitionen und private Vorsorge zu ermöglichen.
  • Wir fordern, dass der Baseler Ausschuss seine Zusage einhält: Ein substantieller Anstieg der Eigenkapitalanforderungen würde die einseitige Belastung für nationale und europäische Kreditinstitute und Unternehmen verschärfen, langfristige und risikoarme Finanzierungen – auch kommunaler Kredite – beschädigen und zu einer Benachteiligung deutscher und europäischer Kreditinstitute im internationalen Wettbewerb sowie in der Folge zu negativen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft führen.
  • Eine nur einseitige Umsetzung möglicher Basel IV-Maßnahmen in Europa kann im Interesse der nationalen Wettbewerbsfähigkeit und der nationalen Spezifika unserer Finanzwirtschaft nicht die Antwort auf den von der US-Administration eingeleiteten U-Turn in der Bankenregulierung sein.
  • Bei der Ausgestaltung der Kapitalmarktunion ist ein Gleichklang zwischen kapitalmarktbasierten Finanzierungs- und Kreditfinanzierungsmodellen erforderlich.
  • Der Brexit verstärkt den Standortwettbewerb zusätzlich auf europäischer Ebene. Für Börsen, Finanzprodukte, Geschäfte und Transaktionen mit Großbritannien muss Rechtsklarheit erhalten bleiben. Die Zahl der Clearing-Anbieter sollte zudem nicht weiter abnehmen.
  • Damit der Finanzstandort Deutschland keinem strukturellen Nachteil im globalen Wettbewerb unterliegt, lehnen wir die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ab.
  • Die sich durch Einfachheit und Transparenz auszeichnende Abgeltungssteuer verhindert steuerliche Gestaltungsüberlegungen – deshalb sollte die Abgeltungssteuer erhalten bleiben.
  • Haftung und Kontrolle auf den Finanzmärkten in Einklang zu bringen sollte keinesfalls mit einer Schwächung der jeweiligen nationalen Sicherungssysteme einhergehen. Daher lehnen wir eine Zentralisierung der europäischen Einlagensicherung (EDIS) ab und empfehlen stattdessen, die aktuell geltende EU-Einlagensicherungsrichtlinie konsequent umzusetzen.

Evidenzbasierte Finanzmarktregulierung und Verbraucherschutz mit Augenmaß

  • Es ist an der Zeit, die Regulierungsmaßnahmen auf Konsistenz, Wirksamkeit und Wechselwirkungen zu überprüfen, insbesondere umfassende Dokumentations- und Transparenzpflichten betreffend. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Proportionalität muss weiter im Interesse einer nachhaltigen Sicherung eines leistungsfähigen und vielfältigen Finanzmarktes gefördert werden. Auf der Basis evidenzbasierter Rechtssetzung sollte die Wirksamkeit bestehender Gesetze evaluiert und wenn nötig erhöht werden, bevor Neue geschaffen werden. Verbraucherrechte sollen sich auf die Endverbraucher beziehen.
  • Das Prinzip der Proportionalität muss strikt eingehalten werden und auch auf internationaler Ebene Einzug halten, um die heterogene Akteurslandschaft der deutschen Bank- und Finanzwirtschaft zu erhalten. Gleiches muss gleich, Ungleiches ungleich reguliert werden. Dadurch können Regulierungslasten gezielt dort abgebaut werden, wo ihre relative Belastung am höchsten und das Risiko am niedrigsten ist.
  • Internationale und europäische Regulierungsmaßnahmen müssen eins zu eins umgesetzt werden: Im Interesse des europaweit angestrebten Level-playing-fields und des damit verbundenen innereuropäischen Wettbewerbs soll auf jegliche Form des Goldplating verzichtet werden.
  • Bei der Weiterentwicklung der Kompetenzen der EU-Finanzaufsichtsbehörden ist darauf zu achten, dass der Einfluss der Behörden (EBA, ESMA, EIOPA) auf die Rechtssetzung stärker kontrolliert und Rechtssicherheit gewährleistet wird. Die ESMA soll keine direkte Aufsichtskompetenzen im Bereich Anleger- und Verbraucherschutz erhalten, der aus gutem Grund tief im jeweils nationalen Zivilrecht verankert ist.

Chancen der Digitalisierung nutzen und Digitalisierungsbremsen beseitigen

  • Auch zukünftig muss der Grundsatz für alle Marktteilnehmer gelten: Gleiches Geschäft, gleiche Risiken, gleiche Regeln. Die bereits vorhandenen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind entsprechend anzupassen.
  • Die Datenschutzgesetzgebung hinkt dem Fortschritt der Digitalisierung hinterher. Eine Reform, die die technischen Möglichkeiten und das Datenschutzbedürfnis der Verbraucher gleichsam berücksichtigt, ist zeitnah erforderlich.
  • Die Kommunikation zwischen Kunden und Finanzdienstleistungsanbietern muss durch eine medienbruchfreie Kommunikation erleichtert werden.
  • Die BaFin muss personell und prozessual so aufgestellt werden, dass sie Anfragen und Vorgänge zügig abarbeiten kann. Lange Bearbeitungszeiten behindern den Aufbau neuer Geschäftsmodelle und führen zu einem Nachteil im internationalen Wettbewerb.
  • Die Digitalisierung verändert Geschäftsmodelle und Marktstrukturen. Wir wollen die Dezentralität unserer Wirtschaft erhalten, den digitalen Wandel mitgestalten und zugleich einer Aushöhlung unserer wettbewerblich ausgerichteten Marktstrukturen etwa durch zentralisierende digitale Netzwerkeffekte vorbeugen.

Bekenntnis zur Vielfalt der private Finanzwirtschaft und den bestehenden Beratungsinfrastrukturen

  • Das ausgewogene Drei-Säulen-Modell in der Altersvorsorge ist als Instrument zur Diversifizierung von demographischen und Kapitalmarkt-Risiken zu erhalten. Die Riester-Rente muss weiterentwickelt und ausgebaut werden, auch der Verbreitungsgrad bei der betrieblichen Altersvorsorge ist
  • Wir sprechen uns dafür aus, die Wahlfreiheit zwischen provisions- und honorarbasierter Beratung zu erhalten und lehnen ein Provisionsverbot ab, um dem Kundenwunsch Rechnung zu tragen. Die Provisionsberatung ermöglicht allen Kundengruppen einen flächendeckenden Zugang zu hochwertiger und persönlicher Beratung, unabhängig von Einkommen und Vermögen. Die Provisionsberatung hat zudem gerade bezüglich des freiwilligen Altersvorsorgesystems eine wichtige sozialpolitische Funktion bei der Verbreitung einer kapitalgedeckten Altersvorsorge insbesondere bei Geringverdienern.
  • Die Wertpapierberatung ist auch als Antwort auf die Finanzkrise zunehmend bürokratisiert worden. Wachsende aufsichts- und zivilrechtliche Risiken, regulatorische Pflichten sowie ein Zuviel an gleichlautenden Informationen erhöhen dabei Kosten und verwirren den Anleger. Im Interesse einer Vielfalt des Produktspektrums sollte zudem von Produktverboten abgesehen werden.
  • Zu kleinteilige Vorgaben der Regulierung bei der Produktgestaltung sind ebenso kontraproduktiv. Freie Preisbildung und Produktgestaltung sind zwingend für einen funktionierenden Wettbewerb, der langfristige Leistungs- und Innovationsfähigkeit im Sinne des Verbrauchers sichert.
  • Der Erhalt des Wettbewerbs zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung stellt den hohen Standard der deutschen Gesundheitsversorgung sicher. In einer alternden Gesellschaft kommt der nachhaltigen Finanzierung der Gesundheitsversorgung ein hoher Stellenwert zu.
  • Bei der Vorsorge für nicht in einem Versorgungswerk abgesicherte Selbstständige soll eine Versicherungspflicht ausreichen, der auch durch private Vorsorgelösungenentsprochen werden kann. Zudem ist eine Übergangsfrist zwischen Existenzgründung und Versicherungspflicht sinnvoll.

Innovationen und Investitionen fördern – Private Kapitalressourcen erschließen

  • Für die Bewältigung der großen Herausforderungen bei der Digitalisierung, Infrastrukturinvestitionen und nachhaltigen Ausrichtung des nationalen Wirtschaftsstandorts ist eine Stärkung öffentlicher und privater Investitionen erforderlich. Hier sollen alle wesentlichen Akteure gleichberechtigt berücksichtigt werden.
  • Immer schnellere Innovationszyklen gerade junger Unternehmen erfordern eine möglichst breite Finanzierungsbasis und ein großes Angebot von Venture Capital, damit die deutsche Wirtschaft auch zukünftig wettbewerbsfähig bleibt. Auch die steuerliche Privilegierung von Beteiligungskapital ist überlegenswert.
  • Bereits von SPD und CDU/CSU beschlossene Maßnahmen zur Stärkung von Wagniskapital, die bislang nicht umgesetzt wurden, müssen in der nächsten Legislaturperiode zügig realisiert werden. Der INVEST-Zuschuss soll auch privaten Kapitalgebern bei entsprechenden Investitionen in VC-Gesellschaften gewährt werden.
  • Die öffentliche Forschungsförderung soll durch eine steuerliche Forschungsförderung ergänzt werden, um den Gründergeist stärker zu unterstützen.