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Der Wahlsonntag sei erneut eine Abmahnung für die Parteien der Großen Koalition in Berlin, kommentierte das Präsidium des Wirtschaftsforums der SPD in einer ersten Stellungnahme das Wahlergebnis in Brandenburg und Sachsen. Besonders bitter für die SPD sei, dass sie trotz guter Sympathie- und Kompetenzwerte ihrer Spitzenkandidaten weiter massiv an Stimmen verloren habe.Die Ministerpräsidenten Woidke und Kretschmer konnten zum Teil jedoch mit einem Endspurt der Regierungsparteien verhindern,  dass die rechtspopulistische AfD stärkste Partei in Brandenburg und Sachsen wurde.

Das Wahlergebnis sei gleichwohl mehr als besorgniserregend und zeige eine tiefe und verfestigte politische Vertrauenskrise insbesondere in Ostdeutschland. Obwohl die wirtschaftliche und Arbeitsmarktlage in beiden Bundesländern sich sehr positiv entwickelt habe, hätte sich das nicht in erneuertes Vertrauen zur Politik übersetzt.

Weder Politik noch Wirtschaft hätten offenbar den Menschen im Osten gut genug zugehört und ihre Hausaufgaben erledigt, betonte der Präsident des Wirtschaftsforums der SPD, Dr. Michael Frenzel: „Ich nenne den Verzug bei Investitionen in die Infrastruktur, beim Schienennetz, dem Schließen von Funklöchern, der Glasfaserverkabelung, der Ärzteversorgung, den Kitas, Schulen und Universitäten.“ Die Menschen fühlten sich abgehängt, sie hätten es satt, dass sie kein oder nur langsames Internet oder Mobilfunk haben, dass die Verkehrsverbindungen schlecht sind, sie seien genervt, weil sie glauben, dass die Politik zu wenig tut. Der Erfolg der Rechtspopulisten zeige, dass sich das rächt. Das Präsidium des SPD-nahen Wirtschaftsverbands fordert nun eindringlich ein starkes Signal an die Menschen. Es müsse wirklich spürbar werden, dass Politik und Staat besser und schneller anpacken.

Über neue Föderalismusreform nachdenken

Geld für Investitionen sei vorhanden. Nun sei jedoch die ganz massive Beschleunigung von Planungs- und Umsetzungsprozessen elementar wichtig. Das gehöre ganz vorne auf die Agenda der Bundesregierung und der Länder. Man müsse in diesem Zusammenhang auch über eine weitere Föderalismusreform nachdenken.

Eine Reform im Blick auf Verfahren und Planungsprozesse würde die Konkurrenzfähigkeit und Innovationskraft Deutschlands und seiner Regionen stärken und viele Euros in Zukunft sparen. Bürgerbeteiligung müsste nicht geringer ausfallen, jedoch in Zukunft effektiver organisiert werden. Auch das wäre ein Gewinn für unsere Demokratie und die Funktionsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft.Die Große Koalition in Berlin habe nun die Aufgabe, Handlungsfähigkeit zu zeigen und sich gemeinsam als reformfähig zu erweisen.

An die Adresse der SPD gerichtet appellierte der Verband, sich nicht im Verfahren zur Besetzung der Parteispitze aufzureiben, sondern immer auch die eigene Politik- und Regierungsfähigkeit im Auge zu behalten. Die Zukunft der Berliner Koalition sei offen. Die Bilanzierung müsse nüchtern und sachlich erfolgen. Das Land benötige stabile Rahmenbedingungen und zugleich Reformen. Man müsse jederzeit vorbereitet sein, wenn die Zeiten noch turbulenter werden könnten. Das sollten alle Akteure im Hinterkopf behalten.