Bei aller Kritik an der ersten Auflage des Onlinezugangsgesetzes (dessen größte Stärke, so MdB Robin Mesarosch, sei es gewesen zu zeigen, wie man es eher nicht macht), so rege und ausgesprochen konstruktiv verlief unsere Digitalkonferenz zur Zukunft der Verwaltungsmodernisierung am 2. Februar. Denn alle drei Diskutanten, neben Mesarosch Dr. Annika Busse, stellvertretende CIO, Senatskanzlei Hamburg, und Dr. Markus Richter, Staatssekretär, Bundesministerium des Innern und für Heimat, waren sich einig: Alles, was für die Digitalisierung der Verwaltung erforderlich ist, gibt es bereits. Natürlich erfordere die Digitalisierung der Verwaltung als steter Prozess einen enormen Aufwand. Denn Digitalisierung bedeute auch, Prozesse neu zu denken und neu aufzusetzen, was erheblichen Zeitaufwand erfordere. Trotzdem prägte ein optimistischer Grundton die Diskussion, die auch belegte: aus dem OZG wurde gelernt.
Hamburgs stellvertretende CIO stellte klar: Verwaltungsmodernisierung muss Flächendeckung und Automatisierung miteinschließen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung befähigen. Bisher würden Backend-Prozesse und End-to-end-Digitalisierung nicht ausreichend beachtet, dabei seien gerade diese essenziell, so Busse. Die Hansestadt setze Robotics und KI bereits ein. Damit seien die Möglichkeiten des KI-Einsatzes aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Aus ihrer Sicht behinderten bisher den Prozess der Digitalisierung, dass Verwaltungsprozesse nicht für eine eigene Digitalisierung gemacht sein. Digitalisierung müsse deshalb auch bedeuten, Prozesse neu zu denken und aufzusetzen. Beim Personal komme die Digitalisierung in der Regel on top. Hier sei aber schon die maximale Auslastung erreicht. Busse verwies auch darauf, dass föderale Strukturen eine Hürde darstellten, etwa bei „EfA“, dem Prinzip „Einer für Alle”, demzufolge jedes Land Leistungen so digitalisieren sollte, dass andere Länder sie nachnutzen können und den Online-Prozess nicht nochmal selbst entwickeln müssen.
Chef-/innensache Digitalisierung
Für den IT-Beauftragten des Bundes, Dr. Markus Richter, geht es vor allem darum, nicht Prozesse zu digitalisieren, sondern Digitalprozesse zu erstellen. Dies müsse im Ergebnis weniger Klicks bedeuten. Die Herausforderung bestehe hier oft in der Flächendeckung und bei der Einhaltung der Qualität. Als Beispiel nannte der CIO des Bundes den Bauantrag, der mittlerweile in der Verwaltung sehr modern bearbeitet werde, aber extragroße Monitore zur besseren Kollaboration erfordere. Dies flächendeckend umzusetzen, sei anspruchsvoll. Auch müsse man feststellen, dass mangelnde Führung ein Kernproblem sei. Werde das Thema allerdings zur Chefsache erklärt, dann liefe es auch.
Mit Blick auf das OZG plädierte Richter noch einmal dafür, die Übergangspflicht ersatzlos zu streichen. Dies sei deshalb so wichtig, weil die Verpflichtung zur Digitalisierung sofort und aktuell bestehe und es hier keine Ausreden des Übergangs oder des Aufschubs geben dürfe. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass Behörden rechtswidrig agierten, wenn kein Digitalangebot besteht. Diese Rechtsansprüche würden wiederum den Druck auf die Verwaltung zur Digitalisierung erhöhen.
Klare Standards nötig
Laut Robin Mesarosch, Abgeordneter der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Digitales, liegt der Wert des OZG 1.0 schon darin, dass es gezeigt habe, wie es nicht funktioniert. Mittlerweile habe sich aber eine breite Überzeugung durchgesetzt, dass Verwaltungsdigitalisierung notwendig ist. Mesarosch betonte, dass das OZG nur einen Baustein darstelle. So habe etwa die Registermodernisierung eine viel breitere Wirkung. Zugleich formulierte der Abgeordnete seine Anforderungen an das OZG 2.0: Klare Standards müssten geschaffen werden. In der Vergangenheit sei teils zu wenig standardisiert worden, was ein Grund für das Scheitern des „EfA“ war. Andererseits sei teilweise zu viel standardisiert worden, weil man gesetzgeberisch tätig wurde und dabei die technische Seite außer Acht gelassen habe. Mesarosch sprach sich dafür aus, eine digitale Leistung erst als solche anzuerkennen, wenn sie End-to-end digitalisiert ist. Grundsätzliche Dinge seien klar zu regeln, dabei dürfe das Gesetz aber nicht überfrachtet werden. Sein Eindruck sei übrigens nicht gewesen, dass man beim OZG zu wenig ambitioniert gearbeitet habe. Vielmehr hätten strukturelle Probleme die Verwaltungsdigitalisierung behindert.