• Industrie braucht Industriestrompreis

16.06.2023

Kein Allheilmittel, aber doch notwendig in der Transformationsphase hin zur Dekarbonisierung. So lautete der Konsens zum Thema Industriestrompreis in der heutigen Diskussion des Politischen Beirats des SPD-Wirtschaftsforums. Es debattierten der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzender des Politischen Beirats, Bernd Westphal, Prof. Dr. Achim Truger, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der CEO der Trimet Aluminium SE und Verbandsvizepräsident Philipp Schlüter sowie Verbandspräsidentin Prof. Dr. Ines Zenke. Einig war sich das Panel darin, dass ein Industriestrompreis ein notwendiges Instrument für die Übergangsphase der Transformation ist, allerdings kein „Silver Bullet“ sein wird und zudem klug konzipiert werden muss.

„Die Herausforderungen sind hoch. Treibhausgasneutralität in Deutschland bis 2045, in Europa bis 2050. Das fordert uns heraus und zwingt Unternehmen, sich teils völlig neu zu erfinden. Um sie auf dem Weg dahin nicht zu verlieren, brauchen wir bezahlbare und grüne Energie – und einen temporären Industriestrompreis, der den Mangel hieran kompensiert“, machte Ines Zenke deutlich. Sie stellte zudem klar: „Ein temporärer Industriestrompreis blockiert die Anstrengungen der Industrie nicht, sich in die Treibhausgasneutralität zu transformieren. Er stellt aber sicher, dass wir auch 2030 noch eine starke Industrie haben“, führte die Verbandspräsidentin aus.

Dies unterstrich Philipp Schlüter, der auf die Nöte seiner Branche einging: „Die Aluminiumhütten meines Unternehmens in Deutschland produzieren aufgrund der hohen Strompreise heute nur ein Drittel dessen, was die Kapazität hergibt. So steigt die Importquote und damit die Abhängigkeit. Das muss sich dringend ändern, indem Bedingungen geschaffen werden, die eine wirtschaftliche Produktion in Deutschland erlauben“, sagte der Vorstandsvorsitzende und Eigentümer der TRIMET Aluminium SE.

Ines Zenke führte weiter aus, dass die Idee des Industriestrompreises deshalb keine Subventionierung oder den künstlichen Erhalt alter Geschäftsmodelle darstelle, sondern ein notwendiges Instrument für die Transformation sei, die mit einer erheblichen Elektrifizierung in der Industrie sowie der Produktion von Wasserstoff einhergehen wird. Deshalb schlussfolgerte sie: „Wir brauchen eine Brücke aus dem fossilen Zeitalter in die Welt der Erneuerbaren. Bauen wir keine Brücke für diese Phase des Übergangs, werden wir nicht auf der anderen Seite ankommen. Der Industriestrompreis ist ein Ermöglicher für die Entstehung des Neuen.“

Ähnlich sieht es Bernd Westphal, MdB: „Der hohe Strompreis ist zur Transformationsbremse geworden, die wir uns weder ökonomisch noch sozial oder ökologisch leisten können. Der Erhalt der Grundstoffindustrie, der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft, der Aufbau von Elektrolysekapazitäten und die Elektrifizierung von Produktionsprozessen werden aus meiner Sicht nur gelingen, wenn zügig ein Transformationsstrompreis eingeführt wird.“

Der „Transformationsstrompreis“ ist laut Westphal der „Gamechanger zur Beschleunigung der wirtschaftlichen Transformation, da die Elektrifizierung von industriellen Prozessen dadurch rentabel wird und die privaten Investitionen mit entsprechender Planungssicherheit getätigt werden können. Das sichert und schafft gut bezahlte Arbeitsplätze in unserem Land.“

Wie er ausgestaltet werden soll, dazu formulierte Westphal ebenfalls eine klare Vorstellung: „Ein Transformationsstrompreis muss branchenoffen sein, energieintensive mittelständische Unternehmen ebenso entlasten wie große Industriekonzerne und natürlich müssen die Unternehmen ihre Beschäftigten nach geltenden Tarifverträgen bezahlen.“

Der Politische Beirat unterstützt das Wirtschaftsforum der SPD e.V. bei der Weiterentwicklung seiner wirtschaftspolitischen Positionen und trägt insbesondere dazu bei, den Dialog zwischen Politik und Wirtschaft zu intensivieren.