29.09.2022
Allgemein FF Energie und Klima

In großer Sorge um den Industriestandort Deutschland: Ob Energiekosten, revidierte Investitionsentscheidungen, Verlagerungen ins Ausland, veraltete Infrastruktur – die Aufgaben sind enorm und die Kosten voraussichtlich gigantisch. Bei unserer Buchpräsentation von Transfornomics, dem zweiten Band unserer wirtschaftspolitischen Publikationsreihe, sprach sich der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil dafür aus, alles zu tun, um Wertschöpfungsketten zu erhalten und Zulieferer nicht wegbrechen zu lassen. Die deutschen Leitbranchen, wie Auto, Chemie und Pharma, müssten weiter handlungsfähig bleiben. Es bedürfe eines radikalen Ausbaus der Erneuerbaren Energien genauso wie der Verstärkung strategischer Partnerschaften: „Wir müssen vor die Welle kommen und jetzt in funktionierende unternehmerische Infrastruktur investieren“, so Klingbeil. Bei der Frage der Finanzierung zeigte er sich überzeugt, dass die Kosten in jedem Fall getragen werden müssten, ob jetzt mit Blick auf Entlastungsmaßnahmen für Unternehmen und Verbraucher:innen, oder künftig, um die Folgen des jetzt unterlassenen Handelns zu finanzieren. Klingbeil warb dafür, in Staat und Wirtschaft kein Gegeneinander zu sehen. Vielmehr setze der Staat kluge Rahmenbedingungen. Nun gelte es, in dieser Krise gemeinsam zu bestehen und den Aufbruch zu schaffen.

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), nannte die aktuelle Lage „wirklich sehr, sehr ernst.“ Ein Drittel der Unternehmen rechne bis Ende des Jahres mit erheblichen Liquiditätsproblemen, ein Fünftel verlagere Investionen ins Ausland. Bei den Unternehmen stünden jetzt die akuten Investitions- und Standortentscheidungen an, jetzt müsse unternehmerisch gehandelt werden. Deutschland erlebe gegenwärtig eine tektonische Verschiebung. Müller plädierte für eine Industriepolitik, die jetzt handele. „Wer jetzt nicht handelt, legt die nächste Krise schon an“, so die VDA-Präsidentin. Das gelte nicht nur für Deutschland, sondern für Europa insgesamt. Sie forderte eine starke Stimme Deutschlands in Europa.

Prof. Dr. Jens Südekum, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, stimmte auf „einen ganz, ganz schwierigen Winter“ ein. Jetzt müsse alles auf die Straße gebracht werden, um Deutschlands Deindustrialisierung zu verhindern. Glaubenssätze müssten überdacht werden. Hier bezog er sich insbesondere auf die Schuldenbremse, an die man sich seiner Meinung nach nicht „klammern“ sollte.

Mit der Buchpräsentation war das Wirtschaftsforum Gast im Palais Populaire der Deutschen Bank, Unter den Linden, Berlin.