10.11.2023

Mit einer rasant wachsenden Zahl von Krisen sind zahlreiche Branchen konfrontiert. Ob Kriege und geopolitische Konflikte, Pandemien oder Extremwetterlagen: Schnelles, umsichtiges Krisenmanagement ist nicht nur von der Politik, sondern auch von Branchen- und Unternehmensseite gefordert. Vor allem die Bedeutung der Pauschalreise war Thema der digitalen Arbeitssitzung mit Lena Werner, MdB, und Melanie Gerhardt, DER Touristik, des Fachforums Tourismus am 9. November.

Von tektonischen Verschiebungen in der Geopolitik und – in deren Folge – massiven Auswirkungen auf den Tourismus sprach Vizepräsidentin Prof. Dr. Susanne Knorre in ihrer Eröffnung. Die veränderte geopolitische Landschaft ebenso wie die gerade in der jüngeren Vergangenheit vermehrt auftretenden Naturkatastrophen und Waldbrände führten dazu, auch den Tourismus neu zu überdenken. Insbesondere die Frage nach dem Zusammenspiel mit der Politik, nach den Erfordernissen der Branche und den Möglichkeiten der politischen Flankierung griff Fachforenleiter Dirk Inger in seiner Moderation auf.

Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 bezeichnete die SPD-Bundestagsabgeordnete Lena Werner nicht nur als große menschliche Tragödie, sondern daneben auch als ein einschneidendes Ereignis für den Tourismus in der Region. Der Mangel an einem adäquaten Krisenmanagement sei damals deutlich geworden. Umso zentraler sei es, Systeme zu implementieren, die verhinderten, dass der ganze Tourismus einbricht. Hier ließe sich bereits viel mit guter Krisenkommunikation, vor allem auf lokaler Ebene, erreichen. Beispielhaft nannte Werner Ägypten, das schnell und umsichtig die Bevölkerung sowie Reiseanbieter über mögliche Folgen des Kriegs in Nah-Ost informiert habe. Generell gelte, dass alle Szenarien durchgespielt und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden müssten. Politik und Branche müssten hier national und international eng zusammenarbeiten, um möglichst viele Unsicherheiten im vornherein ausschließen zu können. „Wir brauchen ein proaktives Krisenmanagement und müssen dafür die regulatorischen Rahmenbedingungen schaffen“, forderte Werner. Die Politik müsse dafür alle beteiligten Akteure zusammenbringen.

Melanie Gerhardt, Director Crisis Management DER Touristik, verwies auf die gängigen automatischen Frühwarnsysteme, auf die ihr Unternehmen zurückgreife. Gerade auch mit Blick auf die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie habe sich die Reisebranche als insgesamt bereits weitgehend krisenerprobt erwiesen, so Gerhardt. Sie sprach zudem das Thema Lastenverteilung zwischen der Branche und der Politik an. In dem Zusammenhang appellierte sie daran, die Eigenverantwortung der Reisenden zu stärken und verwies auf die Vorzüge der Pauschalreise: „Das große Plus an Sicherheit als Mehrwert der Pauschalreise gilt es herauszustellen“, betonte Gerhardt. Im Gegensatz zu Individualreisen sichere eine Pauschalreise beinahe jedes Risiko ab. Der Anbieter müsse sich bei Ausnahmesituationen um die Reisenden kümmern, Beistand vor Ort leisten, Ersatzübernachtungen organisieren und neue Rückflüge samt Transfer zum Flughafen gewährleisten und zahlen.

Inwieweit die Bundesregierung für die Gruppe der Individualreisenden bei Krisen vollumfänglich verantwortlich ist, war Teil der anschließenden Diskussionen. Beispielhaft wurde die Rückführungsaktion der Bundesregierung zu Beginn der Covid-19-Pandemie aufgeführt, bei der circa ein Viertel der sich im Ausland befindenden Deutschen, vor allem Individualreisende, durch das Auswärtige Amt zurückgeholt wurden, wohingegen die Reiseveranstalter den Großteil der Rückführungen organisierten und auch für die Kosten bei einer pauschal gebuchten Reise aufkamen. Dirk Inger betonte, dass vor allem mit Blick auf die geplante Revision der Pauschalreiserichtlinie seitens der EU ein faires Wettbewerbsverhältnis zwischen Individual- und Pauschalreise gewähreistet werden müsse. Die Bundesregierung müsse sich klar gegen eine steigende Belastung durch höhere Verbraucherschutzmaßnahmen bei der Pauschalreise aussprechen. Das Wirtschaftsforum der SPD begleitet hierzu den weiteren Prozess.