Pauschalreisen sind für die deutsche Reise- und Tourismusbranche ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Allein in Deutschland werden jährlich Pauschalreisen im Wert von mehr als 30 Mrd. Euro verkauft. Das entspricht 41 Prozent aller Pauschalreisen, die in der Europäischen Union verkauft werden. Gerade deshalb ist die anstehende Revision der Pauschalreiserichtlinie auf EU-Ebene von Bedeutung für den deutschen Gesetzgeber. Aus diesem Anlass sprachen wir im Rahmen einer digitalen Arbeitssitzung des Fachforums Tourismus im Wirtschaftsforum der SPD e.V. mit Prof. Dr. René Repasi, MdEP im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und Rita Hagl-Kehl, MdB und Mitglied im Tourismusausschuss. Prof. Dr. Susanne Knorre, Vizepräsidentin des SPD-Wirtschaftsforums, eröffnete die Veranstaltung. Die Moderation übernahm Dirk Inger, Leiter des Fachforums Tourismus im Wirtschaftsforum der SPD e.V.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Hagl-Kehl betonte in ihrem Eingangsstatement, dass die mittelständische Vielfalt im Reisevertrieb erhalten bleiben müsse. Die rund 9.000 Reisebüros in Deutschland würden durch die geplanten Neuregelungen bei der Definition der verbundenen Reiseleistungen in ihrer Leistungsfähigkeit beschnitten. Hier müsse am Kommissionentwurf nachgebessert werden.
Prof. Dr. René Repasi verdeutlichte, dass das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament erst nach den Europawahlen in der zweiten Jahreshälfte starten wird. Somit bestünde noch genügend Zeit, durch Änderungen des Kommissionsvorschlags die notwendige Präzision zu schaffen. Ziel der Revision sei, Risiken so zu verteilen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Vertrauen gegenüber Pauschalreisen behalten.
Kontrovers wurde diskutiert, ob die EU-Kommission die richtigen Schlussfolgerungen aus der Corona-Pandemie gezogen habe, als kurzfristige Stornierungen zu großen Liquiditätsproblemen bei den Reiseunternehmen führten. Insbesondere muss geklärt werden, ob die B2B-Regressregelung einen Beitrag zur Problemlösung darstellt. Unklar sind in dem Entwurf auch die Regelungen zur Einbeziehung großer Onlineanbieter, die aus Sicht des Europaabgeordneten Prof. Dr. René Repasi mit aufgenommen werden sollten.
Rita Hagl-Kehl unterstrich, dass eine vollständige Absicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher über alle Bereiche nicht immer umsetzbar sei und die Entwicklung einer deutschen „Vollkaskomentalität“ bedenkenswert sei. Dirk Inger stellte in diesem Zusammenhang dar, dass die Möglichkeiten zur kostenfreien Stornierung von Pauschalreisen nach dem Kommissionentwurf deutlich ausgeweitet werden sollen. Dies sei aus Sicht der Wirtschaft nicht sinnvoll.
Die gesetzgeberische Auseinandersetzung und Diskussion des EU-Kommissionsvorschlags werden wir im Wirtschaftsforum der SPD e.V. weiter begleiten und bedanken uns bei Rita Hagl-Kehl, MdB, und Prof. Dr. René Repasi, MdEP, sowie allen Gästen, für den informativen und ergiebigen Austausch.