In einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ fordert unser Präsident Dr. Michael Frenzel, den 1. Mai zum Symboltag für die aktive Gestaltung des digitalen Lebens zu ernennen.

Den Gastbeitrag können Sie hier in voller Länge nachlesen:

Tag der Zukunft der Arbeit

„Statt Klassenkampf-Folklore: Der 1. Mai sollte zum Symboltag für die aktive Gestaltung des digitalen Arbeitslebens werden, fordert Michael Frenzel.

Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann hat unlängst vor dem Entstehen eines „neuen digitalen Proletariats“ gewarnt. Firmen wie Uber würden ihre Rolle als Arbeitgeber ablehnen, obwohl ihre als selbstständige Subunternehmer Beschäftigten in völliger Abhängigkeit leben würden. Er forderte die SPD auf, diesen Missstand in der Großen Koalition weit oben auf die Agenda zu setzen.

Die bevorstehende digitale Revolution des Berufslebens wird nicht nur noch mehr massenhaft neue – nicht tarifgebundene – Beschäftigungsverhältnisse kreieren, sondern eben auch viele Menschen dauerhaft in die Arbeitslosigkeit führen. Wenn laut einer neuen Studie des Bitkoms fast jedes vierte Unternehmen Sorge hat, schon bald seine Existenzberechtigung zu verlieren, geht es um mehr als die Tarifbindung. Die digitalen Möglichkeiten verändern komplette Wertschöpfungsketten, sie erdrängen Produktsparten oder Branchen. Digitale Ärzte oder Anwälte sind keine Vision mehr. Das macht die Auseinandersetzung kompliziert. Natürlich lässt sich die „Turbodigitalisierung“ anprangern, wie dies die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles auf dem Parteitag getan hat. Aber der Gegner hat kein Gesicht, ist global-virtuell, und insofern erinnert die Diskussion an Schattenboxen. Der 1. Mai ist viele für Deutsche eher ein willkommener freier Tag.

Auch der Aufruf des SPD-Vorstandes zum Tag der Arbeit liest sich eher als müde, pflichtschuldige Erklärung: ,,Vielfalt, Gerechtigkeit und Solidarität“ sei das Motto des DGB für 2018. Die SPD verfolge nach wie vor das Ziel der Vollbeschäftigung, steht zu lesen. Ist der Tag der Arbeit überflüssig? Keinesfalls. Der Arbeitsmarkt steht vor immensen Herausforderungen. Die neue – erfreuliche – Start-up-Kultur, der Einsatz von Chatbots bei Dienstleistern, Robotics und selbstlernende Systeme: dies alles wird weitreichende Folgen für das Tarif- und Transfersystem haben. Insofern wäre ein kleiner, aber bedeutender Zusatz zum 1. Mai – dem Tag der Zukunft der Arbeit – hilfreich. Es ist Zeit, aus der Tarifpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Unternehmen eine Zukunftspartnerschaft werden zu lassen, die klare Perspektiven entwickelt.

Noch können wir die Zukunft mitgestalten. Dafür aber muss jetzt eine Diskussion beginnen, wie konkrete arbeitsmarkt- und bildungspolitische Maßnahmen ergriffen werden. Auch eine neue Steuerlogik sollte jetzt auf den Tisch. Das wird angesichts der notwendigen tiefgreifenden Veränderungen nur miteinander funktionieren. Der 1. Mai sollte der Kick-off sein. So würde aus dem freien Tag auch wieder ein echter Tag der Arbeit. Mit den alten Parolen und Forderungen nach Vollbeschäftigung liefert er hingegen vor allem Anlass zum Meckern auf höchstem Niveau.“