Was sind die Gründe für die deutsche Wachstumsschwäche und welche Maßnahmen sollte die Politik ergreifen, um aus der Stagnation zu kommen? Darüber haben Dr. Elga Bartsch, Abteilungsleiterin Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), Verena Hubertz MdB, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und Prof. Dr. Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), mit unserem Vizepräsidenten Matthias Machnig diskutiert.
Die Wirtschaft komme langsam wieder in Fahrt, jedoch mit Wachstumsraten, die unter dem Potential liegen, so Dr. Bartsch. Das auf schwachen Investitionen, schwacher Produktivität und Schwierigkeiten bei Arbeits- und Fachkräften beruhende niedrige Potentialwachstum bestünde schon länger, spitze sich vor dem Hintergrund der Zeitenwende jetzt jedoch zu. Mit einem Potentialwachstum, das nach Schätzungen der Bundesregierung bei 0,6% pro Jahr liege, würden wir die anstehenden Aufgaben der Transformation, die Aufgaben im Bereich der Verteidigung und auch die anstehenden sozialen Aufgaben laut Dr. Bartsch nicht stemmen können.
Prof. Dullien sieht die Gefahr eines massiven Wohlstandsverlusts in den kommenden Jahren. Aufgrund der Unsicherheit über die künftige Entwicklung bei den Strompreisen, bestehe die Gefahr, dass Unternehmen zunehmend Investitionen ins Ausland verlagern. Zudem gerate Deutschland industriepolitisch zwischen die Fronten Chinas und der USA und drohe in wichtigen Branchen wie der Automobilindustrie zurückzufallen.
Verena Hubertz stimmte zu, dass die Standortbedingungen verbessert werden müssen. Die Lage sei ernst, aber nicht hoffnungslos. Beim Thema KI sieht Hubertz großes Potential für die Steigerung der Produktivität. Bei den Strompreisen müsse nachgesteuert, etwa bei den Netzentgelten, und Finanzierungswege gefunden werden.
Bei der Frage, welche wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen notwendig seien, um aus der Stagnation herauskommen und die Transformation voranbringen, waren sich alle PanelistInnen über die Notwendigkeit eines deutlich umfassenderen Wachstumsschancengesetzes einig, das deutlich stärkere und gezieltere Investitionsanreize setze.
Bartsch und Hubertz betonten die Notwendigkeit der Hebelung aller inländischen Fachkräfte-Potentiale – bei Frauen sowie älteren ArbeitnehmerInnen, die freiwillig über Renteneintrittsalter hinaus einen Beitrag leisten möchten, und auch durch die Stärkung Ausbildung und Integration von ausländischen MitbürgerInnen.
Sebastian Dullien forderte zudem eine Reform der Schuldenbremse zur Finanzierung eines umfassenden Investitionspaketes sowie einen Brückenstrompreis, um Planungssicherheit bei Energiepreisen zu gewährleisten.