Das Wirtschaftsforum der SPD plädiert für eine Trendwende in der Wohnungspolitik. „Weder marktradikale Rezepte noch Mietpreisregulierungen bringen uns weiter“, sagt Präsidiumsmitglied Harald Christ. „Gegen die Wohnungsnot hilft nur bauen, bauen, bauen. Wir brauchen deutlich mehr bezahlbaren Wohnraum in Städten.“ Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD habe die Messlatte mit 1,5 Millionen neuen Wohnungen und Eigenheimen binnen vier Jahren bewusst hochgelegt. „Nach sechs Monaten GroKo wird der Wohnungsbau mit dem Wohngipfel der Bundesregierung endlich Chefsache. Das begrüßen wir“, so Christ.
Nachdem das Bauressort in der letzten Legislaturperiode vom Bundesverkehrs- in das Bundesumweltministerium gewechselt ist, wurde es in den Koalitionsverhandlungen dem Bundesinnenministerium zugeschlagen. „Horst Seehofer hat sich bisher aber lediglich in der Flüchtlingsfrage hervorgetan“, kritisiert Christ. „Beim Wohnungsbau ist er in den ersten sechs Monaten keinen Schritt weitergekommen. Und dass mit Gunther Adler jetzt der einzige Fachmann auf der Leitungsebene des Bauministeriums in Pension geschickt wird, wirkt wohnungspolitisch fatal. Seehofer spielt mit allem, was er in Händen hält. Auch mit der Wohnungspolitik.“
Andreas Breitner, Leiter des Fachforums Stadtentwicklung, Bau und Immobilien beim Wirtschaftsforum der SPD, ergänzt: „Bei laufender Fahrt den wichtigsten Lotsen von Bord zu nehmen, ist ein wohnungspolitischer Fehler und birgt große Risiken. Wir wünschen uns von der Bundesregierung auch in der Wohnungspolitik wirtschaftsfreundliche Signale. Die Abberufung von Gunther Adler ist genau das Gegenteil.“ Die Frage sei, was neben den geplanten fünf Milliarden Euro bis 2021 für den sozialen Wohnungsbau noch umgesetzt wird, um die Neubauaktivitäten in Deutschland spürbar anzukurbeln.
Neubau von Mietwohnungen
Ein steuerlicher Sonderbonus für Investitionen in neue Mietwohnungen ist für Breitner ein vielversprechender Weg: „Wenn der Bund zusätzlich zur normalen Abschreibung für vier Jahre eine Sonderabschreibung von jährlich fünf Prozent gewährt, werden mehr private Investoren bezahlbaren Wohnraum schaffen.“ Zusammen mit der bei Mietwohngebäuden üblichen Abschreibung für Abnutzung (AfA), die in der Regel bei jährlich zwei Prozent liegt, könnten mit der Sonderabschreibung bis zu 28 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten steuerlich berücksichtigt werden.
Bildung von Wohneigentum
Auch die Eigentumsquote am Wohnungsmarkt ist für Breitner zu gering. Dabei stelle der Eigenkapitalnachweis für Bau- und Kaufwillige die allergrößte Hürde da, zumal die Erwerbsnebenkosten einen Gutteil des Eigenkapitals direkt verschlängen – insbesondere die Grunderwerbssteuer. „Die Länder sehen in der Steuer eine lukrative Einnahmequelle, was zu einem überflüssigen Steuerwettbewerb führt“, sagt Breitner. „Wir fordern eine bundesweite Vereinheitlichung und Absenkung der Grunderwerbssteuer, um gerade jungen Familien das Bauen und Kaufen zu erleichtern.“
Bestellerprinzip bei Immobilienkäufen
Bei Wohnungs- und Hauskäufen will die SPD die Maklerprovisionen den Verkäufern auferlegen. „Wer bestellt sollte auch bezahlen“, meint dazu Präsidiumsmitglied Harald Christ. „Wohnungs- und Hauskäufer können so auf Entlastung bei den rasant steigenden Nebenkosten hoffen. Wir müssen jetzt nur aufpassen, dass die Provisionen beim Kaufpreis nicht einfach drauf gepackt werden.“ Grundsätzlich befürwortet Christ die Transparenzoffensive auf dem Wohnungsmarkt, die die SPD mit ihrem 12-Punkte-Plan angestoßen habe: „Das Flächen- und Immobilienregister ist eine gute Idee. Denn das kann neues Bauland mobilisieren.“
Mehr Werks- und Mitarbeiterwohnungen
Dieses Bauland sollte auch für zusätzliche Werks- und Mitarbeiterwohnungen genutzt werden. „Darin steckt viel Potenzial“, erklärt der Leiter des Fachforums Stadtentwicklung, Bau und Immobilien, Andreas Breitner. „Ich sehe da die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand in der Pflicht. Wenn ein Beschäftigter des Bundes etwa nach Berlin versetzt wird, muss der Bund auch dafür sorgen, dass er bezahlbaren Wohnraum findet.“ Jeder in der Gesellschaft müsse Verantwortung übernehmen, wenn es darum geht, die soziale Frage unserer Zeit zu beantworten.