29.11.2022

Der Standort Deutschland steht angesichts des großen Transformationsdrucks vor enormen Herausforderungen. Eine Voraussetzung für das Gelingen der Transformation ist eine moderne und agile staatliche Verwaltung. Darüber hinaus trägt eine digitale Verwaltung zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und wirkungsvollen Daseinsvorsorge bei. Wie sich dies umsetzen lässt und wie sich der legislative Kern der digitalen Verwaltung, das Onlinezugangsgesetz, reformieren lässt, präsentiert ein aktuelles Papier des SPD-Wirtschaftsforums.

Im Zentrum der Verwaltungsdigitalisierung steht das 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG), das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen über digitale Verwaltungsportale anzubieten und miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Etwa 6.000 Verwaltungsleistungen wurden in 575 OZG-Leistungen zusammengefasst und die Zuständigkeit zu deren Digitalisierung auf Bund, Länder und Kommunen verteilt. Bis Ende 2022 sollten alle Verwaltungsleistungen digital zur Verfügung gestellt werden. Das ist faktisch gescheitert. Um die Ziele tatsächlich zu erreichen, ist deshalb ein neues OZG erforderlich, das mit einer strukturellen Reform der bisherigen Entscheidungsprozesse verbunden werden muss, wie das Impulspapier des SPD-Wirtschaftsforums fordert. Ein Nachfolgegesetz müsse zudem konsequent aus der Nutzerperspektive gedacht werden. Das beinhalte, dass bürokratische Prozesse geprüft und neu interpretiert werden müssten.

Aus Sicht von Verbandsvizepräsident Matthias Machnig gilt es, die Chancen der Digitalisierung gerade für die Überprüfung und Neuausrichtung des Verwaltungshandelns zu nutzen. „Es ist falsch zu glauben, allein der Einsatz von Technik bedeute Digitalisierung. Schlechte Prozesse werden auch digital nicht besser und führen weder zu Bürokratie-Abbau noch zu Zufriedenheit bei Unternehmen oder den Bürgerinnen und Bürgern. Vielmehr bietet uns die Digitalisierung die Möglichkeit, ganze Prozesse zum Positiven zu verändern. Dieser Vision muss eine legislative Grundlage für die Verwaltungsmodernisierung folgen“, so Machnig.

Das Papier spricht sich für eine grundlegende Novellierung des OZG und der gesamten verwaltungsrechtlichen Gesetzgebung in Bund und Ländern aus. Bisher nebeneinander laufende Projekte müssten besser miteinander verzahnt werden. Weiterhin wird das Recht auf eine vollständig digitale Abwicklung von Verwaltungsleistungen gefordert. Hier gelte es sicherzustellen, dass die Instrumente auch den Ansprüchen der Industrie gerecht werden, vor allem mit Blick auf die Übermittlung sensibler Daten. Mit Einführung des Rechts könne die Schriftformerfordernis umfassend per Generalklausel abgeschafft werden.

Once-Only-Prinzip und E-Government-Plattform gefordert
Dieses Recht der Verwaltungsnutzerinnen und -nutzer solle komplettiert werden durch die Verbindlichkeit des Once-Only-Prinzips: Dokumente, die der Nutzer oder die Nutzerin bereits erbracht hat, dürfen dann nicht ein zweites Mal von der Verwaltung verlangt werden können. Außerdem sollen Nachweisdokumente durch Registerabfragen und zwischenbehördliche Datenaustausche ersetzt werden – eine datenschutzrechtliche Klärung wird selbstverständlich vorausgesetzt. Möglich wäre eine Kontrollfunktion innerhalb der Konten der Bürger/innen und Unternehmen, die den Datenzugriff seitens staatlicher Behörden nachverfolgt. So ist es etwa in Estland bereits gängige Praxis.

Das Papier formuliert weitere Anforderungen an eine Reform des OZG, wie eine vom Bund zur Verfügung gestellte E-Government-Plattform, die als Service-Agentur den Ländern und Kommunen bundesweit einheitliche Software und digitale Lösungen bereitstellt, die auf vom IT-Planungsrat festgelegten Standards und Datenformaten beruhen.

Auch wirbt das Papier um ein Verständnis von Digitalisierung als nicht abschließbaren Vorgang. Vielmehr müsse sich eine moderne Verwaltung kontinuierlich mit technologischem Fortschritt, wechselnden Anforderungen an Staat, Wirtschaft und Gesellschaft und sich veränderndem Nutzer/innen-Verhalten weiterentwickeln. IT-Systeme und digitalisierte Leistungen müssen also stets überprüft und adaptiert werden. Weiterhin widmet sich das Papier der Frage, wie sich Entscheidungsstrukturen optimieren lassen und welche finanziellen und personellen Voraussetzungen für die Verwaltungsdigitalisierung zu schaffen sind.

Das Papier ist hier abrufbar.