11.03.2024

Eine aktuelle Civey-Umfrage im Auftrag des SPD-Wirtschaftsforums zeigt eine deutlich negative Wahrnehmung des Ampel-Streits durch Wirtschaft und Unternehmen. Insgesamt 86,9 % der Befragten gaben an, dass dieser den Wirtschaftsstandort belaste. Negative Auswirkungen auf die Unternehmen werden zudem aufgrund von zu viel Bürokratie (53 %), Energiekosten (42,6 %) und politischen Unsicherheiten (39,9 %) ausgemacht. Angesichts dieses Stimmungsbilds und der Wirtschaftskrise im Land fordert das SPD-Wirtschaftsforum ein Umsteuern der Regierung. Jetzt gelte es, die Chance für eine Dekade des Wachstums, der Transformation und der Beschäftigung zu ergreifen. Ein neuer fiskalisch-ökonomischer Konsens zwischen Regierung und Opposition sei nötig.

Dass für eine so große Zahl der Befragten der Umgang innerhalb der Ampelkoalition als belastend wahrgenommen wird, lässt besonders aufhorchen, weil im Vergleich dazu deutlich weniger, wenn auch mit 45,4 % fast die Hälfte der Befragten, der Ansicht sind, dass die zunehmende Unterstützung für die AfD den Wirtschaftsstandort Deutschland belaste. In einer parallel durchgeführten verbandsinternen Umfrage gaben immerhin noch 51,5 % der Befragten an, der Streit in der Regierungskoalition wirke sich negativ auf den Wirtschaftsstandort aus. Hier wiederum sind es mit 65,6 % deutlich mehr Personen, die die Unterstützung für Rechtspopulismus als belastend bewerten.

Negativfaktor: Bürokratielast
In beiden Umfragen übereinstimmend gab mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sich die Bürokratielast am negativsten auf Unternehmen auswirke. Als weitere Negativfaktoren wurden Energiekosten und politische Unsicherheiten genannt. Außerdem wurde gefragt, wie sich zusätzliche Investitionen, die über die im Bundeshaushalt geplanten Ausgaben hinausgehen, finanzieren lassen. In der Civey-Umfrage sprachen sich u.a. 31,3 % und in der verbandseigenen Mitgliederumfrage sogar 58 % der Befragten für eine Reform der Schuldenbremse aus. Partnerschaften mit dem privaten Sektor favorisieren demnach 56 % der befragten Mitglieder und immerhin noch 17,7 % der in der Civey-Umfrage Befragten. Weiterhin sprachen sich für die Einrichtung eines Sondervermögens 30 % der Befragten in der Mitgliederumfrage und 13,4 % der durch Civey Befragten aus.

Für das Wirtschaftsforum der SPD verdeutlicht das Stimmungsbild einmal mehr den dringenden Handlungsbedarf. Der Verband fordert eine Wachstumsagenda und eine Entbürokratisierungsoffensive, um das erforderliche Tempo für eine Dekade der Investitionen aufnehmen zu können. Eine Netto-Entlastung bei den Regulierungen und bürokratischen Belastungen sei noch nicht spürbar, auch wenn die Ampel bereits verschiedene Vereinfachungen auf den Weg gebracht habe. „Wenn wir die 20er Jahre zu einer Dekade für Wachstum, Transformation und Beschäftigung machen wollen, müssen wir raus aus Streit und selbst geschaffenen Blockaden und alles dafür tun, um Investitionen anzureizen und eben Dynamik und Wachstum zu ermöglichen. Die Grundlagen hierfür sind da; sie müssen freigesetzt, statt zugeschüttet werden. Möglichst heute noch“, sagte Verbandspräsidentin Prof. Dr. Ines Zenke.

Die Wahrnehmung von Dauerzank in der Koalition wirke sich negativ auf die Stimmung in der Wirtschaft aus und beeinträchtige den Glauben an einen robusten und zukunftsfähigen Standort. Stattdessen seien mutige und überzeugende Signale nötig, die zu einem echten Stimmungsumschwung führten. „Es liegen viele sinnvolle Vorschläge vor, wie wir wieder aus der Stagnation kommen und die Wachstums- und Innovationskräfte stärken. Wir brauchen jetzt mutige Entscheidungen, um den enormen Vertrauensverlust in Deutschland wieder beherrschbar zu machen“, so Zenke weiter. Sie verwies auch mit Blick auf die anstehende Europawahl am 9. Juni und den bis Mitte des Jahres vorzulegenden Kabinettsentwurf für den Haushalt 2025 auf den großen Handlungsdruck: „Echten Gesetzgebungsspielraum der Koalition gibt es gerade noch bis Frühjahr 2025. Für alle politischen Vertreterinnen und Vertreter heißt es daher: Last call! Letzte Chance zum Handeln.“

Wie sich Investitionen und Infrastrukturen stärken, wichtige Eckpfeiler der Systemtransformation, etwa bei der Kraftwerksstrategie und der Solarindustrie, festigen lassen, wie Bürokratie abgebaut und die Digitalisierung vorangetrieben werden können, legt das SPD-Wirtschaftsforum in einem aktuellen Positionspapier dar. Die Vorschläge werden auch Thema beim Austausch mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck im Rahmen der am 12. März in Berlin stattfindenden Wirtschaftskonferenz des Verbands sein.

Im Auftrag des SPD-Wirtschaftsforums führte Civey zwischen 28.02. und 06.03.24 eine Umfrage unter 1.008 privatwirtschaftlichen Entscheiderinnen und Entscheidern sowie Selbstständigen durch. Die Ergebnisse sind hier abrufbar.