Berlin, den 30. Juni 2020. Mit dem morgigen Tag übernimmt Deutschland für sechs Monate die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union. Das Wirtschaftsforum der SPD e.V. fordert, neben der Umsetzung des Wiederaufbaufonds vor allem wirtschaftspolitische Zukunftsthemen in den Fokus zu nehmen, da Deutschland als größter und finanziell stärkster EU-Mitgliedstaat eine besondere Verantwortung trage.
Matthias Machnig, Vizepräsident des SPD-nahen Wirtschaftsverbands, hält fest: „Deutschland steht vor der wichtigsten Ratspräsidentschaft seit vielen Jahren. Es geht um die ökonomische, aber auch politische Zukunft der EU. Es muss sich zeigen, ob und wie die EU angesichts der zu erwartenden ökonomischen und politischen Herausforderungen ihre Handlungsfähigkeit, ihren Zusammenhalt und ihre Solidarität zurückgewinnt und so ein politischer und ökonomischer Handlungsfaktor in der Weltpolitik bleiben kann. Dazu ist es notwendig, überkommene ökonomische und politische Dogmen zu überwinden.“
Eine große Rolle spiele aufgrund der Covid-19-Pandemie der Ausbau eines gesamteuropäischen Gesundheitswesens. „Ziel aller Beteiligten muss es sein, Abhängigkeiten von bestimmten Weltregionen und Produktbereichen zu verringern, Lieferketten zu diversifizieren und den Standort Europa für die Herstellung von Medizintechnik und Arzneimitteln gleichermaßen nachhaltig und attraktiv zu gestalten“, betont Christian Clarus, Leiter des Fachforums Gesundheitswirtschaft des Wirtschaftsforums der SPD.
Darüber hinaus gelte es, zentrale Zukunftsaufgaben wie den European Green Deal und die Digitale Souveränität des Wirtschaftsstandorts aktiv anzugehen. „Der Erfolg des deutschen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union wird sich neben dem siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen sowie dem Corona-Wiederaufbaufonds auch daran messen lassen müssen, wie und welche Weichen für zentrale Zukunftsausgaben gestellt werden“, so Corinna Schulze, Fachforumsleiterin Europa und Außenwirtschaft des SPD-Wirtschaftsforums.
Der Wiederaufbaufonds solle Konjunktur, Unternehmen und Arbeitsplätze in den 27 Mitgliedstaaten schützen, stützen und stärken. Unweigerlich damit verbunden sei die Frage, für welches Vermächtnis Europa in Fragen der Digitalen Souveränität und der Transformation in der systemischen Konkurrenz mit der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten von Amerika erinnert werden wolle, stellt Schulze heraus.
„Die Wettbewerber warten nicht auf die EU, doch hat die EU mit einem Binnenmarkt von einer halben Milliarde Einwohnern die Macht, die Digitalisierung wirtschaftsfreundlich und gesellschaftsgerecht zu gestalten. Es geht darum, mit zukunftsträchtigen Lösungen den digitalen EU-Binnenmarkt voranzutreiben, sodass ein selbstbestimmtes, wertebasiertes Modell der Digitalökonomie entstehen kann, das im Wettbewerb mit liberalen Wirtschaftsordnungen und staatlich gelenktem Kapitalismus effektiv bestehen kann. Dabei muss man Sorge für kluge regulatorische Bemühungen zur Künstlichen Intelligenz, aber auch in Handelsfragen tragen, damit europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen geraten, sondern gestärkt aus der Krise hervorkommen“, sagt Schulze weiter.