Berlin, den 2. September 2021. Das Wirtschaftsforum der SPD e.V. kritisiert die heute bekanntgegebene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur deutschen Energiemarktregulierung und fordert eine anschließende politische Debatte im EU-Parlament und -Rat. „Die vom EuGH vorgenommene Interpretation der Richtlinien ist im 3. Binnenmarktpaket nicht angelegt. Der europäische Gesetzgeber muss hier schnell nachbessern – wir brauchen zeitnah eine Klarstellung und Konkretisierung“, so Prof. Dr. Ines Zenke, Vizepräsidentin des Wirtschaftsforums der SPD e.V.

Dass die Bundesnetzagentur, entgegen der Einschätzung des EuGH, autonom agieren darf, sehe man aktuell etwa an der Festsetzung des Eigenkapitel-Zinses für die kommende 4. Regulierungsperiode. „Hier möchte die Bundesnetzagentur die Zinssätze weiter drastisch senken, und zwar um ganze 2 Prozentpunkte. Und das trotz eines Investitionsbedarfs von geschätzt 110 Mrd. Euro bis 2050 allein für die Stromnetze. Wer hier also eine mangelnde Unabhängigkeit sieht, verkennt das deutsche Regulierungssystem“, erklärt Zenke.

„Die Bewertung des EuGH trifft alle der fast 1.000 Strom- und Gasnetzbetreiber in Deutschland und ist nicht nachvollziehbar. Die Bundesnetzagentur entscheidet autonom, der nationale Gesetzgeber gibt lediglich den Rahmen vor. Das muss im Übrigen so praktiziert werden: Während EU-Verordnungen unmittelbar gelten, sind EU-Richtlinien in nationales Recht zu überführen. Genau das hat der deutsche Gesetzgeber unter anderem mit dem Energiewirtschaftsgesetz getan“, so Zenke weiter.

Dr. Alexander Götz, Leiter des Fachforums Kommunales des SPD-nahen Wirtschaftsverbands, ergänzt: „Wir betrachten mit Sorge, dass die Luxemburger Richter nun eine noch weitergehende Autonomie der Netzregulierung verlangen. Der Wegfall des bekannten Regulierungsrahmens gefährdet die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit, die für den weiteren Aus- und Umbau der kommunalen Strom- und Gasnetze aber dringend notwendig ist.“

Der EuGH sieht in der deutschen Energiemarktregulierung eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung von EU-Vorgaben. Kritisiert wurde, dass die geforderte Unabhängigkeit nationaler Regulierungsbehörden in Deutschland nicht gegeben sei. Der Bundesnetzagentur werde durch § 24 Absatz 1 EnWG und die entsprechenden nachgelagerten Rechtsverordnungen ein zu enger Rahmen gesetzt.