• Privates Kapital für sozialen Wohnungsbau mobilisieren

19.07.2023

100.000 geförderte Wohnungen sollen pro Jahr neu gebaut werden. So lautet das Ziel der Bundesregierung. Tatsächlich ist die Gesamtzahl der Sozialwohnungen in Deutschland sogar rückläufig – dem wachsenden Bedarf zum Trotz. Wie sich mehr private Investitionen für den Bau geförderter Wohnungen gewinnen lassen, stellt ein aktuelles Positionspapier des SPD-Wirtschaftsforums dar. Darin wird u.a. für eine Vereinfachung von Förderprogrammen sowie eine Überprüfung der Eigenkapitalanforderungen bei Immobilieninvestitionen plädiert.

Anlässlich der Veröffentlichung des Papiers sagt Heiko Kretschmer, Schatzmeister des SPD-Wirt­schaftsforums: „Bundesweit ist der Druck auf den Wohnungsmarkt zu spüren, insbesondere in den Großstädten. Auszubildende, Studierende, Familien, Menschen mit geringem Einkommen und ge­flüchtete Menschen benötigen dringend bezahlbaren Wohnraum. Allerdings haben sich trotz des ge­stiegenen Bedarfs und erhöhter Bundesmittel die Bedingungen für mehr Neubau von gefördertem Wohnraum erheblich verschlechtert. Gestiegene Preise und Lieferengpässe beim Baumaterial tragen dazu ebenso bei wie ein seit Jahren steigender Bauwerkskostenindex für Wohngebäude, Finanzie­rungsschwierigkeiten, der Fachkräftemangel und teurere Grundstückskosten. Es muss end­lich gelin­gen, mehr privates Kapital zu mobilisieren. Andernfalls steuern wir auf eine soziale Katastrophe zu.“

Weil der Staat nur einen Teil der dringend benötigten Investitionen stemmen kann, gilt es aus Sicht des SPD-Wirtschaftsforums, den bereits seit einiger Zeit zu beobachtenden Trend eines stärkeren Engagements privater Investoren und Immobilienfonds im geförderten Wohnungsbau weiter zu intensivieren. Da sich Kapitalanlagen immer stärker an ESG- bzw. Nachhaltigkeitskriterien orientieren und bezahlbarer Wohnraum ein wichtiges soziales Kriterium darstellt, nehmen Investoren das geförderte Wohnen immer häufiger in den Blick. Das liegt auch am sich wandelnden Anlageverhalten der jüngeren Generation: Für sie spielt eine bewusstere und nachhaltigere Anlagestrategie heute eine größere Rolle als in der Vergangenheit. Dies wiederum verpflichtet Fondsanbieter, geeignete Angebote zu schaffen.

Langfristige Orientierung institutioneller Anleger
Aufgrund des hohen Bedarfs an geförderten Wohnungen stellt dieses Segment zudem eine stabile und gut kalkulierbare Geldanlage dar, mit zwar gedeckelten, aber berechenbaren Erträgen. Außerdem machen die nun gestiegenen Zinsen gefördertes Wohnen im Vergleich zu frei finanziertem Wohnen attraktiver, denn Zuschüsse und zinsvergünstigte Darlehen fallen deutlich stärker ins Gewicht als vor der Zinswende. Viele der geförderten Wohnungen werden von institutionellen Investoren gekauft, die die Altersvorsorgegelder ihrer Kunden anlegen. Dabei handelt es sich in der Regel um langfristig orientierte Investoren mit einem Investitionshorizont von Jahrzehnten.

Um möglichst viele private Investitionen in den sozialen Wohnungsbau zu lenken, sollten die Förderbedingungen in den Ländern weitestgehend vereinfacht werden. In Kommunen mit zusätzlichen kommunalen Fördertöpfen sollten diese eng am Landesprogramm orientiert sein und mit möglichst geringem Aufwand beantragt werden können. Da die Wohnraumförderprogramme der Bundesländer unterschiedlich attraktiv sind, sollten Best Practices ausgetauscht und die Landesprogramme regelmäßig evaluiert werden. Für alle Bundesländer gilt: Die Antrags- und Genehmigungsprozesse müssen schnellstmöglich digitalisiert und entbürokratisiert werden. Für eine stabile Planungsgrundlage sollten außerdem die Laufzeiten der Wohnraumförderprogramme verlängert werden, wie in Nordrhein-Westfalen geschehen: Dort entspricht die Laufzeit mit fünf Jahren der Länge der Legislaturperiode.

„Gebäudetyp E“ geht in die richtige Richtung
Die vorgegebenen Mieten, die im geförderten Segment nicht überschritten werden dürfen, brauchen eine klare und kontinuierlich aktuelle Grundlage. Jedoch hinkt die Mietentwicklung oft der Baukostenent­wicklung massiv hinterher. Bauprojekte müssen sich für private Kapitalgeber aber rechnen. Je größer die Schere zwischen Baupreisen und möglichen Mieteinnahmen, desto größer wird der Anteil an freifinanziertem Wohnungsbau, den Projekte enthalten müssen, um noch rentabel sein zu können. Angesichts der seit Jahren steigenden Baukosten erinnert das Papier noch einmal an den Zielkonflikt zwischen Klimaschutz im Gebäudesektor einerseits und bezahlbarem Bau- und damit Mietkosten an­dererseits. Gerade im sozialen Wohnungsbau brauche es den Mut, neue Wege zu gehen. Die Überle­gungen zum „Gebäudetyp E“ gehen laut SPD-Wirtschaftsforum in die richtige Richtung. Weiterhin wird dafür plädiert, statt der oft nicht mehr zeitgemäßen „fixen“ Stellplatzzahlen deutlich mehr quartiersbezogene Mobilitätskonzepte in die Förderung einfließen zu lassen.

Schließlich widmet sich das Papier auch den hohen Anforderungen an die Eigenkapitalhinterlegung für Immobilieninvestments. Während für Staatsanleihen null Prozent gelten, müssen Immobilienanla­gen mit 25 Prozent Eigenkapital hinterlegt werden, was etwa bei Versicherungsunternehmen zu einer geringen Immobilienanlagenquote beiträgt. Das Positionspapier empfiehlt, diese Regelung zu über­prüfen, insbesondere daraufhin, ob sie noch die tatsächlichen Ausfallerwartungen widerspiegelt.

Zum Positionspapier: Ungenutzte Potenziale heben: Impulse für mehr privates Kapital im sozialen Wohnungsbau