Für die Anwendung der „Goldenen Regel“ zur Stimulierung von Investitionen plädieren die Vorsitzenden des Politischen Beirats des SPD-Wirtschaftsforums. Bernd Westphal, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, und Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sprechen sich in einem Positionspapier dafür aus, die öffentlichen Nettoinvestitionen, etwa in Infrastruktur und Bildung, von der Schuldenbremse auszunehmen. Dagegen sollen konsumtive Ausgaben weiterhin auf die Summe der laufenden Steuereinnahmen begrenzt bleiben. Die Präsidentin des SPD-Wirtschaftsforums, Prof. Dr. Ines Zenke, unterstützt den Vorschlag und hält eine Reform der Schuldenbremse für dringend geboten.
Der Politische Beirat fungiert als beratendes Gremium des Verbands und stellt eine zentrale Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik dar. Bei seiner Neukonstituierung am 25. April in der Geschäftsstelle des Verbands stellte der Beiratsvorsitzende Bernd Westphal das Positionspapier vor und legte dar, dass aus seiner Sicht die Goldene Regel den besten Ausgleich zwischen langfristigen Investitionen und nachhaltigen Schulden bietet, da Investitionsausgaben in Infrastruktur, Bildung, Forschung und nachhaltige Technologien nicht nur der aktuellen Generation zugutekämen.
“Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage und des erheblichen Investitionsrückstands in Deutschland ist es unerlässlich, dass wir unsere Fiskalpolitik überdenken. Die Schuldenbremse, in ihrer aktuellen Form, verhindert die dringend benötigten öffentlichen Investitionen und schränkt unsere Fähigkeit ein, auf langfristige Herausforderungen adäquat zu reagieren. Es ist höchste Zeit für eine Investitionsoffensive, die nicht nur der aktuellen Generation zugutekommt, sondern auch nachhaltige Grundlagen für zukünftige Generationen schafft. Die Einführung einer ‘Goldenen Regel’, die öffentlichen Nettoinvestitionen aus der Schuldenbremse ausnimmt, ist ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung – wobei selbstverständlich weitere folgen müssen, um die Transformation zu bewältigen”, erläuterte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Für Anke Rehlinger, stellvertretende Vorsitzende des Politischen Beirats, steht fest: „Die Schuldenbremse muss modernisiert werden, um dem Bund, den Ländern und Kommunen den finanziellen Spielraum für den Strukturwandel zu geben. Wir müssen erheblich mehr investieren in die Zukunft der Industrie, in Infrastruktur und Bildung. Diese Erkenntnis wächst auch im politischen Raum. Beispielsweise mit einer angepassten ‚Goldenen Regel’ könnten wir die Weichen für langfristiges Wachstum und sozial-ökologische Nachhaltigkeit stellen, was entscheidend für die Zukunft unseres Landes ist.”
Verbandspräsidentin will Reform der Schuldenbremse
Verbandspräsidentin Prof. Dr. Ines Zenke begrüßt das Papier der Beiratsvorsitzenden. Eine Reform der Schuldenbremse hält Zenke für erforderlich. „Nur die Anwendung der ‚Goldenen Regel‘, die klar zwischen investiven und konsumtiven Ausgaben unterscheidet, wird den großen Transformationsaufgaben gerecht und bewahrt gebotenes Maß und Mitte. Investive Ausgaben, von denen künftige Generationen profitieren, sollen kreditfinanziert werden können. Für konsumtive Ausgaben gilt weiterhin die Beschränkung auf die laufenden Einnahmen. Neben diesem ersten Schritt muss die Ausgabenpolitik durch weitere Maßnahmen flankiert werden, die das Präsidium des Wirtschaftsforums schon lange fordert. Dazu gehören Superabschreibungen für Investitionen, gezielte Programme zur Förderung der öffentlichen Infrastruktur, mehr Tempo bei der Digitalisierung, ein viel deutlicherer Bürokratieabbau und eine zeitnahe Konkretisierung der Pläne für die Energiewende, insbesondere der Kraftwerkstrategie“, so Zenke heute in Berlin.
Die Finanzierungsfrage war auch das zentrale Thema bei der Neukonstituierung des Politischen Beirats in der vergangenen Woche. Das Gremium stellt eine zentrale Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Politik dar. „Unser hochkarätig besetzter Beirat stellt für unseren Verband ein Schlüsselgremium dar, das die Brücke zwischen Wirtschaft und Politik schlägt. Zudem zeichnet sich unser Beirat durch eine außergewöhnliche Mischung aus fachlicher Expertise und politischem Scharfsinn aus“, sagte Prof. Dr. Zenke.
Hüther: Transformation mit Sondervermögen finanzieren
Im Rahmen der Sitzung präsentierte Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des IW Köln, seinen Vorschlag für ein Sondervermögen zur Finanzierung der Transformation. Darauf folgte eine Replik von Prof. Dr. Alexander Thiele, BSP Law School Berlin. Beide Experten gingen auf die Frage ein, wie die Finanzierungsengpässe gerade auf kommunaler und Länderebene gelöst werden können. Hinsichtlich der öffentlichen Investitionen sind es nämlich in erster Linie die Länder und die Kommunen, die den umfangreichsten Anteil stemmen müssen. Zugleich herrschen dort die größten Finanzierungsengpässe. Diese Perspektive bleibe in der öffentlichen und politischen Debatte weitgehend unterbeleuchtet, was sich dringend ändern müsse, wie Zenke betonte.
Beiratsvorsitzende einstimmig wiedergewählt
Sie gratulierte Bernd Westphal und Anke Rehlinger zu ihrer erneuten Bestätigung als Beiratsvorsitzende, die einstimmig erfolgte. „Der Beirat setzt seine Arbeit fort, um die politische Debatte in Deutschland mit seinem Fachwissen und strategischen Diskussionen zu bereichern. Zugleich setzt die Neukonstituierung des Politischen Beirats ein deutliches Zeichen für das Engagement unseres Verbands, die politische Diskussion in Deutschland voranzutreiben und konstruktive Lösungen für die gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen zu entwickeln“, sagte Zenke.
Zum Positionspapier „Goldene Regel nutzen: Schuldenbremse anpassen – Investitionen anreizen“.