17.11.2022

Über das Spannungsverhältnis von Politik und Wissenschaft hat Prof. Dr. Karl Lauterbach im Interview mit dem Wirtschaftsforum der SPD gesprochen. Der Bundesgesundheitsminister ging auf die Herausforderungen für die Gesundheitspolitik ein, sprach sich für Finanz- und Strukturreformen des Gesundheitssystems aus und warb für eine Bürgerversicherung. Im Gespräch mit Verbandsvizepräsident Matthias Machnig stellte er auch dar, was aus der Pandemie gelernt wurde und wo es noch nachzubessern gilt.

Aus Sicht von Prof. Dr. Karl Lauterbach stellt die Alterung der Babyboomer-Generation die wichtigste Herausforderung für die Gesundheitspolitik in Deutschland dar: „Die Babyboomer-Generation wird den Erwerbsprozess verlassen und wird sukzessive in den Renten-Lebensabschnitt wechseln und wird somit eine wesentliche Rolle für die Produktivität der Gesellschaft verlieren. Gleichzeitig werden aber die Sozialleistungen, Gesundheitsleistungen, Pflegeleistungen und Unterstützungsleistungen für diese Generation entsprechend anwachsen. Die große Generation der Babyboomer wird also zunehmend von der Finanzierung der Sozialsysteme wechseln in die Inanspruchnahme der Sozialsysteme“, sagte er. Er sprach von einer dringend notwendigen Finanzreform, weil der Beitragssatz in den kommenden Jahren sehr schnell steige. „In der Summe mit den Beitragssätzen in der Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung und der Unfallversicherung wären das Sozialabgaben, die unvertretbar sind, sowohl den Arbeitgebern gegenüber wie auch den Arbeitnehmern“, so Lauterbach. Daher sei die Verbreiterung der Basis sehr bedeutsam. Aus Sicht Lauterbachs stellt die Bürgerversicherung sicher, dass der Beitragssatz nicht explodiert: „Ich sage es mal so einfach, wie man es ausdrücken kann: Wenn wir nicht zu einer Art Bürgerversicherung kommen, dann wird der Beitragssatz erheblich steigen.“

Der Bundesgesundheitsminister ging auch auf anstehende Strukturreformen ein und nannte insbesondere die „Strukturreform Krankenhaus“. Hier würden kurzfristige Reformen bei den Kinderkliniken, der Geburtshilfe und der tagesstationären Versorgung gesetzlich vorbereitet. Auch an einer Weiterentwicklung der Bezahlung des Krankenhaus-Systems zur Überwindung der Fallpauschalen werde gearbeitet. „Damit lösen wir drei Probleme: eine bessere Verteilung der Kliniken im Land, eine Entlastung des Pflegepersonals und eine stärkere Ausrichtung der Patienten auf die beste evidenzbasierte Therapie, so dass die Eingriffe dort gemacht werden, wo sie am besten gemacht werden können“, sagte Lauterbach.

Auch Covid und mögliche weitere Pandemien waren Thema des Gesprächs. Man sei jetzt auf jeden Fall besser vorbereitet, so Lauterbach. Allerdings seien mehr Investitionen in die medizinische Forschung und die Weiterentwicklung insbesondere nasaler und inhalativer Impfstoffe nötig. „Denn diese Impfstoffe könnten schon bald von zentraler Bedeutung im Kampf gegen Covid sein. Durch sie könnte eine Immunisierung gegen Ansteckung möglich werden“, sagte Lauterbach.

Das vollständige Interview ist hier abrufbar.