• Rahmenbedingungen und Bürokratie behindern Unternehmen strukturell
  • Energiepreise verschärfen die Lage
  • Neue Mittelstandsagenda notwendig

Berlin, 20.09.2022 – Den deutschen Mittelstand setzen vor allem strukturelle Probleme zunehmend unter Druck. Die Unternehmen leiden unter den bekannten Defiziten der digitalen und Verkehrsinfrastruktur insbesondere im ländlichen Raum, dem branchenübergreifenden Fachkräftemangel, unter Bürokratie und einer deutlichen Zunahme von Cyberangriffen. Die hohen Energiepreise verschärfen die Situation zusätzlich. Welcher wirtschaftspolitischen Impulse es bedarf, damit der Mittelstand auch künftig seiner zentralen Rolle für die deutsche Wirtschaft gerecht wird, stellt die heute veröffentlichte Studie „Zukunft Mittelstand“ des Wirtschaftsforums der SPD dar.

Die Studie basiert auf einer qualitativen Analyse mit mittelständischen Unternehmen sowie Mittelstandsexpertinnen und -experten beteiligter Wirtschaftsverbände. Ergänzt wurden die Befunde mit repräsentativen Ergebnissen einer Civey-Umfrage unter 2500 Personen, Erwerbstätigen im Mittelstand ebenso wie mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern. Eine Auswertung der Ergebnisse ergibt folgendes Bild: Bürokratie und rechtliche Rahmenbedingungen stellen für den Mittelstand weiterhin die größten Hürden für eine erfolgreiche Entwicklung dar, auch wenn diese zurzeit von der akuten Energiekrise überlagert werden. Offensichtlich haben die „alten“ Probleme des Mittelstands nichts an Relevanz verloren. Der Fachkräftemangel und der infrastrukturelle Nachholbedarf im ländlichen Raum stellen weitere drängende Probleme dar. Dagegen werden die Themen Finanzierung und Übernahmen als weniger problematisch wahrgenommen. Die befragten mittelständischen Unternehmen gaben an, wegen nicht ausreichender Finanzierung aktuell nicht oder kaum in Sorge zu sein. Zudem wird die Gefahr von Übernahmen als gering eingeschätzt.

Insbesondere die Antwort auf die im Rahmen der Civey-Umfrage gestellte Frage nach der digitalen Sicherheit ist beachtenswert. Mehr als ein Viertel der Befragten gab an, dass sie bereits Ziel eines Cyberangriffes waren. Da viele solcher Angriffe unbemerkt erfolgen, stellt dies einen erstaunlich hohen Wert dar. Als entsprechend wichtig wird das Thema im Mittelstand erachtet. Knapp 62 Prozent der befragten Beschäftigten und Unternehmer/innen in mittelständischen Unternehmen gaben an, dass Cybersicherheit entweder ernst oder sogar sehr ernst genommen werde.

Prof. Dr. Susanne Knorre, Vizepräsidentin des SPD-Wirtschaftsforums und leitende Autorin der Studie, nannte die Ergebnisse einen Weckruf: „Neben den aktuellen enormen Belastungen aufgrund der hohen Energiepreise, der nach wie vor nicht stabilen Lieferketten und der unsicheren Gesamtlage für die Wirtschaft ächzt der Mittelstand unvermindert unter gravierenden Altlasten: einer den Mittelstand strukturell benachteiligenden Bürokratie, einem nach wie vor viel zu schleppenden Ausbau der Infrastruktur und unter fehlenden Arbeits- und Fachkräften – in fast allen Branchen. Gerade im ländlichen Raum, traditionell die Heimat deutscher Mittelständler, wächst sich das zum echten Wettbewerbsnachteil aus.“ Der Befund sei alarmierend für die Politik, die angesichts der großen Bedeutung des Mittelstands für den Wirtschaftsstandort in der Verantwortung stünde. „Wir brauchen dringend eine neue Agenda für den Mittelstand, mit einer an den Bedürfnissen des Mittelstands orientierten Fachkräfte- und Strukturpolitik. Und wir müssen Cybersicherheit als existenzielle Aufgabe verstehen, die umfassende Investitionen im Interesse der ganzen deutschen Wirtschaft erfordert“, so Knorre.

Zum Design der Studie:
Die Studie „Zukunft Mittelstand“ umfasst insgesamt drei Stufen sowohl qualitativer als auch quantitativer Recherche. Im ersten Schritt wurden mittelständische Mitgliedsunternehmen des Wirtschaftsforums aus verschiedenen Sektoren befragt. Die Aussagen und Inhalte wurden thematisch analysiert, und die Ergebnisse bildeten die Grundlage für die zweite Fokusgruppe mit hochrangigen Mittelstandsexpertinnen und -experten. Das Gespräch ordnete einige der Erkenntnisse in einen größeren Rahmen ein und adressierte zudem vor allem die Themen Fachkräfte und Bürokratie. Die gesammelten Erkenntnisse dienten anschließend, in einem dritten Schritt, als Grundlage für eine Civey-Umfrage im Zeitraum vom 13. bis 23.7.2022. Befragt wurden insgesamt 2.500 Personen, zum einen Beschäftigte in privatwirtschaftlichen Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, zum anderen Unternehmerinnen und Unternehmer mit weniger als 1000 Beschäftigten.

Die Studie steht hier zum Download bereit.