Berlin, den 22. Oktober 2021. Das Wirtschaftsforum der SPD e.V. begrüßt das von allen drei Parteien angenommene Sondierungsergebnis als eine solide Grundlage für weitere Koalitionsgespräche. Schatzmeister Heiko Kretschmer betont: „Mut macht der Umstand, dass die drei Parteien SPD, Bündnis’90/Die Grünen und FDP offenbar sehr ernsthaft eine gemeinsame Fortschrittskoalition bilden wollen.“
Zentral sei, dass diese Koalition von der für die kommende Legislaturperiode wegweisenden Erkenntnis getragen werde, dass zwei große Transformationsprozesse im Fokus stehen müssten:
- Schafft es Deutschland, einen Pfad zur Erreichung des deutschen Beitrags zum 1,5 Grad Ziels einzuschlagen?
- Können wir die Digitalisierung des Landes und der Industrie so vorantreiben, dass wir unsere ökonomische Spitzenstellung und unseren leistungsfähigen Staat erhalten können?
Der SPD-nahe Wirtschaftsverband sieht zwei generelle Themenbereiche als entscheidend dafür an, ob diese Transformationen möglich sind und die erforderliche gesellschaftliche Akzeptanz finden:
Zum einen sei die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens wesentlich. Mit dem Vorhaben, prekäre, nicht armutsfeste Arbeits- und Lebensbedingungen zu beseitigen und dennoch den Reformerfordernissen der sozialen Sicherungssysteme Rechnung zu tragen, sei eine sinnvolle Grundlage geschaffen. Ergänzt werde diese richtigerweise durch das Bündnis für bezahlbares Wohnen und die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus. Geklärt werden müsse allerdings noch, wie eine solidarische Finanzierung für ein gutes und soziales Gesundheitssystem und eine kosteneinsparende Reform desselben zusammenkommen können.
Zum anderen sei die Frage nach der Finanzierung dieser enormen Herausforderungen wegweisend. Die von vielen WissenschaftlerInnen genannte Zahl von 500 Mrd. Euro Investitionsbedarf erscheine als realistisch. Das Sondierungspapier bleibe vage, wie diese Finanzierungsvolumen gestemmt werden können. Dabei gehe es sowohl um staatliche Investitionen als auch private Investitionen. Wichtig werde vor allem sein, verlässliche Rahmenbedingungen, gute Investitionsbedingungen und intelligente Angebote für private Anleger zu schaffen. Da die Hauptlast der notwendigen Investitionen von den Unternehmen selbst geschultert werden müsse, bräuchten diese Innovations- und Investitionsanreize, wie verbesserte Abschreibungsbedingungen und die großzügigere Gestaltung von Verlustrückträgen.
Das Wirtschaftsforum betont die Bedeutung der Tatsache, dass das Sondierungspapier auf den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland setze. Die Beschleunigung des Infrastrukturausbaus sei ebenso richtig wie der Ansatz, Planungs- und Genehmigungsprozesse in Deutschland drastisch zu verkürzen. Diesen Boost im Ausbau der Erneuerbaren dafür zu nutzen, neben dem Strom- auch einen Wasserstoff-Markt aufzubauen, sei gerade für die deutsche Industrie ein wichtiges Signal. Begrüßt wird auch, dass das Papier die Dynamik der Märkte für grünen Strom und grünen Wasserstoff in den Blick nehme.
Dass Deutschland Leitmarkt der Elektromobilität werden solle, wird vom SPD-Wirtschaftsforum unterstützt. Begrüßt werde aber zugleich, dass es 2035 für CO2 neutrale Fahrzeuge eine Technologieoffenheit geben soll. Entscheidend für die Wirtschaft sei hierbei allerdings die Verlässlichkeit der Eckdaten. Dies gelte insbesondere beim Umbau des Steuern- und Abgabensystems im Bereich der Energie.
Klar sei, dass Europa kann seine erklärte klimapolitische Führungsrolle nur dann glaubhaft und akzeptanzsichernd stärken könne, wenn klimapolitische Maßnahmen, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung Hand in Hand gehen. Daher sei auch hier eine europäische industriepolitische Strategie notwendig.
Hierfür fehle dem Sondierungspapier aktuell noch die Beantwortung der Frage, wie die ‚technologische Souveränität‘ Europas zu sichern ist. Diese müsse eine der zentralen wirtschafts- und industriepolitischen Fragen seien, der sich die deutsche Politik stellt.
Das gesamte Positionspapier finden Sie zeitnah auf unserer Website.