• KI-Potenziale verantwortungsvoll nutzen

05.03.2024

Wie sich die Potenziale künstlicher Intelligenz verantwortungsvoll nutzen lassen, war das Thema einer hochkarätig besetzten Digitalkonferenz des SPD-Wirtschaftsforums am Montag. Die ökonomischen Potenziale von KI ebenso wie die Veränderungen der Arbeitswelt und gesellschaftliche Herausforderungen diskutierten BMDV-Staatssekretär Stefan Schnorr, SPRIND-Direktor Rafael Laguna de la Vera, Ethikratsmitglied Prof. Dr. Judith Simon und Anna Naether von Google. Den Austausch moderierte Verbandsvizepräsident Matthias Machnig.

Ausgangspunkt der Diskussion war ein aktuelles Positionspapier des SPD-Wirtschaftsforums, das auf den Ergebnissen einer Reihe von Expertenanhörungen basiert. Anspruch war dabei, eine sachliche Diskussion über die Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz zu führen und ökonomische Chancen genauso zu adressieren wie gesellschaftliche Herausforderungen.

Dass wir gegenwärtig der Geburt einer neuen Sprunginnovation erlebten, hob Rafael Laguna de la Vera, Direktor der Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND), hervor. Er glaube nicht, dass irgendein Bereich von KI nicht betroffen werde. Er halte künstliche Intelligenz für eine extrem mächtige Technologie, die Gesellschaft und Wirtschaft voranbringen werde, vorausgesetzt, sie werde richtig eingesetzt. Allerdings gelte es, aktiv daran zu arbeiten, die Chancen von KI zu nutzen und dort aufzupassen, wo KI nicht eingesetzt werden solle.

Anwendungsbereich Medizin
Über den Anstieg von Consumer-Suchanfragen zu KI um 100 Prozent gab Anna Naether, Government Affairs Managerin & Lead for AI Policy Deutschland, Google, Auskunft. Aus ihrer Sicht werden künftig mindestens 50 Prozent der Unternehmen KI nutzen. Vor allem für komplexe Fragestellungen etwa in den Bereichen Gesundheit und Klimaschutz sieht sie großen Anwendungsbedarf und verwies auf bereits bestehende Kooperationen ihres Unternehmens mit der TU München und dem Klinikum rechts der Isar.

Dass Deutschland bei der Anwendung von KI Aufholbedarf gegenüber den USA und China habe, betonte Stefan Schnorr, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Er räumte Deutschland aber gerade bei der Grundlagenforschung und den industriellen Chancen gute Chancen im internationalen Wettbewerb ein. Mit Blick auf den EU AI Act sei es zudem wichtig gewesen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die nicht investitionshemmend seien. Am Ende sei mit dem EU AI Act eine Regelung gefunden worden, die innovationsfreundlich sei, aber in der Umsetzung noch den einen oder anderen Punkt berücksichtigen müsse. Schnorr ging auch auf die Belange von Verbraucherinnen und Verbrauchern ein und nannte hier beispielhaft die diskriminierungsfreie Regulierung von Krediten und Versicherungen.

Transparenz und Kontrolle
Mögliche Diskriminierung war ein Aspekt, den auch Prof. Dr. Judith Simon ansprach, Lehrstuhlinhaberin Ethik in der Informationstechnologie an der Universität Hamburg und Mitglied des Deutschen Ethikrates. Sie verwies auf die umfassende Stellungnahme des Ethikrates, die allerdings noch vor der Veröffentlichung von ChatGPT erschienen war. Neben Bias gelte es zudem, die weiteren Problemfelder Transparenz und Kontrolle in den Blick zu nehmen. Ebenso müsse man sich allen Fragen rund um die kritische Infrastruktur widmen. Die von Staatssekretär Stefan Schnorr angekündigte Berücksichtigung von Open-Source-Systemen begrüßte Simon ausdrücklich.

Für Verbandsvizepräsident und Moderator Matthias Machnig steht fest: „KI spielt eine Schlüsselrolle für Wettbewerbsfähigkeit, Produktivitätsentwicklung und Innovation. Deutschland hat gute Voraussetzungen im Bereich der Grundlagenforschung. Jetzt geht es darum, den Transfer in die Anwendung zu unterstützen und durch intelligente Rahmenbedingungen und Finanzierungsinstrumente die Gründungsdynamik zu erhöhen. Die weitere Umsetzung des EU AI Acts muss intensiv begleitet werden, Sie muss auf Praxistauglichkeit, Umsetzbarkeit und Innovationschancen und -möglichkeiten ausgerichtet werden.“

Das Positionspapier fordert, Deutschland und Europa im globalen Wettbewerb um KI nicht ins Hintertreffen geraten zu lassen. Trotz zahlreicher Anwendungsmöglichkeiten generativer KI in Deutschland seien bahnbrechende Entwicklungen bisher selten, was auch auf einen Mangel an Investitionen in Deutschland hinweise. Um die Lage zu verbessern, wird der Aufbau einer dedizierten Infrastruktur von Hochleistungsrechnern als Schlüsselelement genannt. Außerdem wird eine bundesweite Harmonisierung und Standards für die Datenverfügbarkeit als notwendig und überfällig bezeichnet.

Automatisierung von Arbeitsprozessen
Insgesamt werden die ökonomischen Potenziale von KI als enorm betrachtet, insbesondere seit dem Launch von ChatGPT. Wie in dem Papier ausgeführt wird, könnte die Automatisierung von Arbeitsprozessen bis 2040 einen Produktivitätsschub von bis zu 3,3 Prozent ermöglichen, während generative KI zu einem Wachstumsplus von bis zu 0,6 Prozent führen könnte. Um diesen Produktivitätsvorsprung zu erhalten oder auszubauen, ist allerdings ein umfassender KI-Einsatz von entscheidender Bedeutung.

Auch die Veränderung von Arbeit durch KI ist ein zentrales Thema des Papiers. Die Automatisierungspotenziale werden als wichtiger Beitrag zur Überwindung des Fachkräftemangels betrachtet, erfordern jedoch eine gezielte industriepolitische Unterstützung. Dies schließt die Entwicklung digitaler Infrastruktur und die Förderung von Technologieentwicklung und -anwendung ein.

In Bezug auf die europäische und deutsche KI-Strategie werden elf Schlüsselelemente genannt, darunter die Förderung von Forschung und Entwicklung, die Stärkung der digitalen Infrastruktur und die Sicherstellung des Datenschutzes. Deutschland wird ermutigt, sich auf seine Kompetenzen zu konzentrieren und klare Schwerpunkte zu setzen, die sich an den Stärken des Wirtschaftsstandorts orientieren.

Zum Positionspapier Innovationen für Deutschland – Die Potenziale künstlicher Intelligenz verantwortungsvoll nutzen.