• Wiederaufbau in der Ukraine: Chancen für Unternehmen

13.04.2023

Auch wenn der russische Angriffskrieg in der Ukraine weiter andauert, muss der Wiederaufbau schon jetzt geplant werden. Der dafür nötige Investitionsrahmen, die Rolle Deutschlands und Chancen für deutsche Unternehmen waren Themen einer Digitalkonferenz des SPD-Wirtschaftsforums mit Anna Derevyanko von der European Business Association sowie weiteren Wirtschaftsvertretern am 12. April.

Anna Derevyanko ist Exekutivdirektorin der European Business Association (EBA), eines Zusammenschlusses von knapp 1000 ukrainischen und internationalen Firmen. Die Ukrainerin hat zudem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Initiative Global Business for Ukraine mitgegründet. Das Projekt wirbt bei ausländischen Unternehmen für die Chancen, die die Ukraine als Investitions- und Wirtschaftsstandort bietet.

Derevyanko verwies auf aktuelle Erhebungen zum Geschäftsklima in der Ukraine. Demnach setzen die meisten Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit trotz des Krieges in der Ukraine weiter in vollem Umfang oder zumindest teilweise fort und bleiben dem Land verpflichtet. Die meisten Firmen bezahlten ihre Beschäftigten weiterhin verlässlich, einige Unternehmen würden zudem Extra-Boni zahlen, wie Derevyanko weiter ausführte. Die Mehrheit der befragten Unternehmen hätten ihre Büros oder Produktionsstätten nicht verlagert, etwa 10 Prozent der Unternehmen hätten ihren Standort allerdings in die westliche Ukraine verlegt. Nur eine Minderheit der Unternehmen hätte ihre Präsenz in ein anderes Land verlagert. 63 Prozent der befragten Unternehmen gaben weiterhin an, auch in Kriegszeiten Investitionen in der Ukraine zu tätigen. Zudem glauben 12 Prozent, dass sich auch für neue Investoren das Engagement in der Ukraine lohne.

Umfassende Investitionschancen 
Dennoch sei auch die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft von herausragender Bedeutung für die Ukraine, machte Derevyanko deutlich. Gerade den Unternehmen, die sich global entwickeln, weltweit kooperieren und in globale Märkte einsteigen wollten, böten ukrainische Unternehmen das hierfür nötige Potenzial an Qualität, Geschwindigkeit und Arbeitskräften. Trotzdem benötige die Ukraine Unterstützung, sowohl finanziell, etwa mit Blick auf Beihilfen, Kredite und Kreditsicherung, als auch hinsichtlich der Expertise bei der Globalisierung und den dafür erforderlichen Prozessen und Regularien. Ebenso sei bei Kooperationen und gemeinsamen Investitionen mit ukrainischen Firmen Unterstützung erforderlich. „Unser Land bietet zahlreiche Möglichkeiten – in der IT, der Landwirtschaft und Lebensmittelbranche, genauso wie in Logistik und Infrastruktur sowie im Pharmasektor.“ Derevyanko zufolge liegt das Investitionspotenzial dieser Branchen in Milliardenhöhe. Für Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten in der Ukraine verwies sie abschließend auf eine aktuelle Übersicht konkreter Unternehmensvorhaben, für die Investitionen benötigt werden.

Prof. Dr. Rainer Lindner, CEO, Heine + Beisswenger, hob die Verantwortung ganz Europas beim Wiederaufbau der Ukraine hervor: „Der Wiederaufbau der Infrastruktur und einer nachhaltigen Wirtschaft in der Ukraine ist eine zentrale Herausforderung für Europa. Die deutschen Unternehmen werden die Ukraine mit Investitionen und Technologie unterstützen.“ Lindner schlug zudem die Berufung einer oder eines eigenen Ukraine-Beauftragten der Bundesregierung vor.

Sicherer Rechtsrahmen gefordert
Für Heiko Kretschmer, Schatzmeister des SPD-Wirtschaftsforums und Moderator der Diskussion, steht insbesondere der verlässliche Rechtsrahmen für ein sicheres Investitionsumfeld im Vordergrund: „Für den künftigen Wiederaufbau der Ukraine müssen wir bereits heute die Voraussetzungen schaffen. Dafür ist ein sicherer Rechtsrahmen für Investitionen erforderlich. Zuerst müssen wir die Struktur und die erforderlichen Prozesse definieren, um anschließend den finanziellen Bedarf zu erfassen. Ein von der Regierung getragener Investitionsfonds ist ein geeignetes Instrument, um internationale Hilfe zielgerichtet zu kanalisieren und private Investitionen zu hebeln – immer unter der Voraussetzung von Transparenz und Rechtsstaatlichkeit.“
Kretschmer kündigte bereits die Fortsetzung des Dialogs mit der ukrainischen Seite an.

Digitalkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine mit Anna Derevyanko, Heiko Kretschmer und Prof. Dr. Rainer Lindner

Digitalkonferenz zum Wiederaufbau der Ukraine mit Anna Derevyanko, Heiko Kretschmer und Prof. Dr. Rainer Lindner