Mit über 500 Teilnehmern war unsere Wirtschaftskonferenz Soziale Marktwirtschaft 4.0 am 9. Mai ein voller Erfolg. Auf vier hochrangig besetzten Podien diskutierten wir in der Berliner Kalkscheune mit Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Unsere Gäste konnten unter anderem Reden der Bundesumweltministerin Svenja Schulze, des Bundesfinanzministers Olaf Scholz und Diskussionsbeiträge des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner hören. Als Wirtschaftsvertreter äußerten sich etwa Dr. Theodor Weimer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse AG, Dr. Thomas König, Chief Operating Officer Netze der E.ON SE und Stefan Oelrich, Mitglied des Vorstands der Bayer AG. Als WissenschaftlerInnen waren unter anderem Prof. Dr. Gesine Schwan und Prof. Dr. Enderlein vertreten. Das ausführliche Programm der Veranstaltung können Sie hier lesen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze eröffnet Konferenz
In ihrer Begrüßungsrede betonte Bundesumweltministerin Svenja Schulze die Bedeutung umweltfreundlicher Technologien für die Wirtschaftsentwicklung. „Wir befinden uns in einem globalen Wettbewerb, in dem diese Technologien immer wichtiger werden. Der Wandel bietet neben Risiken auch enorme Chancen.“ Studien zeigten, dass die E-Mobilität in vielen Regionen zu neuen Jobs in der Energiewirtschaft und der Batterieproduktion führen wird. Auch der wachsende Bedarf digitaler Mobilitätsangebote kann deutschlandweit zu positiven Beschäftigungseffekten im Dienstleistungssektor führen. Im Koalitionsvertrag sei vorgesehen, bis Ende des Jahres Gesetze für die Erreichung der Klimaschutzziele 2030 zu beschließen.
EU-Binnenmarkt größter gemeinsamer Wirtschaftsraum der Welt
Als exportorientierte Wirtschaft und mit weltumspannenden Wertschöpfungsketten sei Deutschland in besonderer Weise vom Außenhandel abhängig. Über diesen Punkt waren sich alle Teilnehmer der Diskussion „EU-Binnenmarkt und Welthandel“ einig. Zunehmende Handelskonflikte hätten dabei Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, erklärte Staatssekretärin Claudia Dörr-Voß aus dem Wirtschaftsministerium. Dr. Karl Brauner, Vize-Generaldirektor der WTO betonte die Bedeutung des multilateralen und regelbasierten Handelssystems im Rahmen der Welthandelsorganisation. Eine Lösung sahen die Diskutanten in der Europäischen Zusammenarbeit. Der EU-Binnenmarkt sei der größte gemeinsame Wirtschaftsraum der Welt. Vor dem Hintergrund der Handelsstreitigkeiten mit den USA, müsse Europa mit einer Stimme auftreten. Gleichzeitig sollte ein intensivierter transatlantischer Wirtschaftsdialog geführt werden.
Digitalisierung als Chance begreifen
Die Diskussion über „Aufgaben moderner Wirtschaftspolitik“ konzentrierte sich auf die Rolle und Instrumente des Staates im Zuge der Digitalisierung. Unser Schatzmeister Harald Christ betonte dabei die Bedeutung des Austausches zwischen Staat und Wirtschaft für eine gelungene Wirtschaftspolitik. Auch Bernd Westphal, wirtschafts- und energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hob die Bedeutung der Rahmenbedingungen hervor, die die Politik setze, insbesondere in einer sich rasch verändernden Welt. Christian Lindner sprach sich dafür aus, das Verhältnis von Staat und Wirtschaft neu auszurichten. Die Wirtschaft bestehe nicht nur aus Kapital, sondern auch aus Kunden und Arbeitnehmern, die stärker in den Fokus rücken müssten. Daniela Geretshuber von PwC hob die Bedeutung der Digitalisierung in Deutschland hervor. Diese müsse noch deutlich an Fahrt gewinnen, insbesondere im Bereich Künstliche Intelligenz.
Wachstumsmärkte Umwelttechnik und Gesundheitswirtschaft
Beim Innovationspanel betonte Dr. Thomas König derE.ON SE die Bedeutung der Digitalisierung für die Energiewende. Unsere Vizepräsidentin Dr. Ines Zenke machte sich für eine bessere Gesetzgebung im Energierecht stark. Der Kohleausstieg müsse mit einem sozialverträglichen Ausstiegspfad verbunden und die Koppelung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr zu einem Gesamtsystem beschleunigt werden. Ein weiterer Wachstumsmarkt ist die Gesundheitswirtschaft. Laut Prof. Dr. Dennis Ostwald trägt die Branche zu bis zu 12% des BIP bei. Bisher eher stiefmütterlich behandelt, habe der Wirtschaftszweig großes Potential. Im internationalen Vergleich sei Deutschlands Position allerdings nur im Mittelfeld hinter Ländern wie den USA und auch der Schweiz. Stefan Oelrich von der Bayer AG betonte, dass Innovationen maßgeblich für den Wachstum der Branche seien und dass diese vor allem aus dem akademischen Bereich kämen. Deutschland habe seiner Ansicht nach noch Nachholbedarf im Biotechbereich.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz spricht Schlussworte
In seiner Abschlussrede machte der Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz deutlich, dass jede Marktwirtschaft Regeln und Institutionen braucht, die für Wachstum und sozialen Ausgleich sorgten. Heute gehe es um technologische Umbrüche und Herausforderungen. Der digitale Wandel – Stichwort: „4.0“ – und die Veränderungen der Arbeitswelt, Strukturwandel und die Transformation von Städten und Regionen, um die Energie- und Mobilitätswende: Für all diese Veränderungen gelte es, kluge ökonomische wie gesellschaftspolitische Antworten im Sinne einer modernen und zukunftsfähigen sozialen Marktwirtschaft zu finden.
Positionspapier des Politischen Beirats
Das Wirtschaftsforum der SPD hatte im Vorfeld eine Agenda 2030 für Deutschland gefordert. „Zentrale Elemente der Sozialen Marktwirtschaft brauchen eine neue Balance und müssen neu geordnet werden“, erklärte der Präsident des SPD-nahen Wirtschaftsverbands, Dr. Michael Frenzel. „Dazu gehören Sozialpartnerschaft und Tarifautonomie, ein vorsorgender Sozialstaat, der fördert und fordert. Aber auch Investitionen in Bildung und Forschung, in Innovationen und Infrastruktur. Und eine Orientierung auf nachhaltiges, inklusives Wachstum. Es geht um die Soziale Marktwirtschaft 4.0.“ Zur Wirtschaftskonferenz hat der Politische Beirat ein Positionspapier veröffentlicht, das die Debatte gezielt vorantreiben soll. Denn unsere soziale Marktwirtschaft stehe vor gewaltigen Herausforderungen. Sie müsse sich ihrer Werte und Prinzipien vergewissern. Es gehe heute darum, die Europäische Integration zu stärken und drei revolutionäre Umbrüche gleichzeitig zu bewältigen: Digitalisierung, Mobilitätswende und Klimaschutz. Die soziale Marktwirtschaft brauche einen Neustart.