Der Bundeskanzler reist zum Antrittsbesuch nach Washington, DC – ein zentrales Thema sind dabei die US-Zölle auf europäische Güter, insbesondere Stahl und Aluminium, sein. Darüber und welche Schlüsse aus den angekündigten und teils bereits verhängten US-Zöllen für die deutsche und europäische Handelspolitik zu ziehen sind, darüber diskutierte Vizepräsident Matthias Machnig mit Prof. Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und Hildegard Müller, Präsidentin des Verband der Automobilindustrie (VDA) e.V. im Rahmen einer Digitalkonferenz unseres Fachforums „Europa und Außenwirtschaft“.
Deutlich wurde in der Debatte, dass die USA unter der neuen Administration eine zunehmend binnenwirtschaftliche Zollpolitik verfolgen, wie Prof. Gabriel Felbermayr betonte. Trotz ihrer Rolle als wirtschaftlicher Hegemon sehen sich die USA zudem global wachsendem Druck ausgesetzt – gerade durch starkes Wirtschaftswachstum bevölkerungsreicher Länder wie China und Indien.
Hildegard Müller wies auf die protektionistische Spirale hin, die Wachstum und Konsum in den Binnenmärkten hemmt und gleichzeitig langjährige Industriepartnerschaften unterminiert. Dringend müssten jetzt substantielle Handelsgespräche aufgenommen werden, so Müller. Die Automobilindustrie etwa sei bereits sehr stark am Standort in den USA investiert, vielmehr gelte es nun, bestehende Handelsstrukturen und Wertschöpfungsketten zu schützen und neue Allianzen zu suchen.
Die neue Bundesregierung müsse jetzt die richtigen Weichenstellung vornehmen: Prioritäten bei Investitionen setzen und gleichzeitig für eine faire Teilung von Wertschöpfung kämpfen. Es brauche auch weniger politisch motivierte Vorschriften wie Local-Content-Regeln, appellierte Müller.
Prof. Felbermayr ergänzte, dass die EU ihre handelspolitische Glaubwürdigkeit behaupten müsse. Der bisherige Ansatz der Europäischen Kommission, auf Deeskalation zu setzen, sei sinnvoll, dürfe aber nicht ohne
Abschreckungsinstrumente auskommen. Mit der Aktivierung des „Anti-Coercion-Instruments“ könne die EU sich besser gegen Drohungen wappnen, etwa im digitalen Bereich oder bei Digitalsteuern.
Hildegard Müller zeigte sich optimistisch, dass die deutsche Industrie nicht von Überkapazitäten aus den USA oder China überschwemmt werde. Dennoch brauche es neue Handelsbündnisse und die konsequente Vollendung des EU-Binnenmarktes.
Der Fokus, so das Fazit der Debatte, müsse auf einer aktiven Handelspolitik liegen, die nicht nur defensiv auf Zölle reagiere, sondern auch neue Allianzen und offene Märkte anstrebe.