• Ausblick auf die Digitalpolitik der neuen Bundesregierung

02.07.2025

Gemeinsam mit dem digitalpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Johannes Schätzl, MdB, konnten wir im Rahmen einer digitalen Arbeitssitzung einen Ausblick auf die Digitalpolitik der neuen Legislaturperiode wagen.

Ein besonderes Augenmerk lag auf dem neu geschaffenen Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS), das Zuständigkeiten aus bisherigen Ressorts wie dem BMI, BMWK und BMDV bündelt und erstmals einen eigenen Haushalt erhält. Ziel ist es, der Digitalisierung politisch mehr Gewicht zu verleihen und klare Verantwortlichkeiten zu schaffen – mit der Hoffnung, in der schwarz-roten Koalition effektiver voranzukommen.

Aus Sicht Schätzls wird sich die Digitalpolitik in der neuen Legislaturperiode auf vier inhaltliche Kernbereiche konzentrieren: Infrastruktur, digitale Souveränität, Staatsmodernisierung und Künstliche Intelligenz.

Im Bereich der digitalen Infrastruktur besteht weiterhin erheblicher Nachholbedarf, insbesondere bei der Mobilfunkabdeckung und dem Glasfaserausbau. Dabei sollen sowohl Mobilfunk als auch Glasfaser als „überragendes öffentliches Interesse“ behandelt werden, um etwaige Zielkonflikte mit Umwelt- oder Denkmalschutzauflagen zugunsten des Ausbaus aufzulösen. Der Glasfaserausbau bis in jede Wohnung (FTTH) ist ein zentrales Ziel, wobei gesetzliche Regelungen helfen sollen, beispielsweise bei Eigentümergemeinschaften mit einzelnen Verweigerern. Gleichzeitig wurde betont, dass Glasfaser nicht zu einem teuren Zwangsprodukt werden dürfe – es brauche bezahlbare Basistarife für Menschen mit geringem Leistungsbedarf.

Im Bereich der digitalen Souveränität wurde betont, dass es nicht um nationalen Alleingang, sondern um echte Alternativen zu dominanten US- und chinesischen Anbietern gehe. Hierzu brauche es eine europäische Strategie statt kleinteiliger nationaler Alleingänge. Schätzl betonte die Notwendigkeit einer echten europäischen digitalen Industriepolitik. Um echte digitale Souveränität zu erreichen, müsse Europa auch im Hardwarebereich unabhängiger werden, was erhebliche Investitionen erfordere. Das dafür eingerichtete Sondervermögen solle konsequent für digitale Schlüsselprojekte eingesetzt werden – insbesondere zur Resilienzsteigerung der europäischen Industrie.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Staatsmodernisierung. Trotz zahlreicher Initiativen wie dem Onlinezugangsgesetz, der Registermodernisierung oder Digital-Only-Angeboten fehle es weiterhin an einem einheitlichen Zielbild für die digitale Verwaltungsstruktur, so Schätzl. Als Beispiel nannte er die Registermodernisierung. Solange unklar ist, welche Systeme auf dieses Register zugreifen sollen, könne nicht pauschal gesagt werden, dass 80% der Register gestrichen werden sollen. Schätzl forderte ein „Lastenheft“ für ein einheitliches Deutschlandsystem, auf dessen Basis konkrete Maßnahmen koordiniert entwickelt werden können. Die Hoffnung liegt nun auf der neuen Struktur des BMDS und der klaren politischen Fokussierung des zuständigen Ministers.

Künstliche Intelligenz wurde als zentrales Zukunftsthema bezeichnet, bei dem die Politik derzeit der technologischen Entwicklung deutlich hinterherhinkt. Die Innovationsdynamik sei enorm, dennoch müsse die Politik eher ermöglichen als einschränken. Deutschland liegt bei der Zahl von KI-bezogenen Patentanmeldungen gleichauf mit den USA, aber es fehlt an Mechanismen, um aus diesen Ideen skalierbare Unternehmen zu entwickeln. Deshalb wurden bessere Finanzierungsbedingungen für Start-ups und eine gezieltere Wachstumsförderung als essenziell bezeichnet.

Auch europapolitisch wurden Defizite angemahnt. In der Vergangenheit sei Deutschland bei digitalpolitischen EU-Initiativen wie dem AI Act oder dem Data Act oft nur reaktiv statt gestaltend aufgetreten. Es brauche künftig eine aktivere Rolle auf europäischer Ebene.

Weitere Themen waren die Digitalisierung der Industrie, die Rolle kleiner und mittlerer Telekommunikationsanbieter, die Migration von Kupfer- zu Glasfasernetzen und Fragen der fairen Regulierung bei Bündelprodukten.