Dass es Reform- und Investitionsbedarf an vielen Stellen in Deutschland gibt, ist allen klar. Woran es hakt, dass viele ambitionierte Vorhaben nicht vollständig umgesetzt werden können, untersucht die Initiative für einen handlungsfähigen Staat. Getragen und gestaltet wird die Initiative von Julia Jäkel, Andreas Vosskuhle, Thomas de Maizière und Peer Steinbrück; Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Schirmherrschaft übernommen.
In einem im Februar 2025 veröffentlichten Zwischenbericht werden 30 Empfehlungen für einen grundlegenden Umbau „im Maschinenraum des Staates“ vorgeschlagen, um bestehende „Blockaden und Selbstblockaden staatlichen Handelns“ aufzulösen.
Am Dienstag, den 13. Mai, hatten wir die Gelegenheit diese Empfehlungen vor dem Hintergrund der neuen Regierungsbildung und ersten Maßnahmen zur Staatsmodernisierung mit dem ehemaligen Bundesminister und Co-Autor der Initiative Peer Steinbrück zu diskutieren. Die Diskussion unter Moderation von Verbandsvizepräsident Matthias Machnig widmete sich unter anderem dem zunehmenden Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger in staatliche Institutionen. Peer Steinbrück benannte eine Vielzahl von Ursachen für diese Entwicklung – angefangen bei ineffizienten Verwaltungsabläufen in Kommunen, dem Zustand der Schulen, über das marode Verkehrswesen, insbesondere der Deutschen Bahn, bis hin zu einem diffusen Sicherheitsgefühl. Er machte deutlich, dass es einer tiefgreifenden Reform und eines Bewusstseinswandels bedarf, um dem entgegenzuwirken.
Ein zentrales Anliegen war die Umgestaltung des Sozialstaats. Dieser müsse effizienter und weniger komplex werden, um zukunftsfähig zu bleiben. Vorgeschlagen wurde eine Bündelung der sozialen Leistungen in drei klar abgegrenzte Gruppen: Kinder und Jugendliche, Erwachsene sowie Rentner:innen.
Steinbrück betonte die Notwendigkeit einer Föderalismusreform. Die Ministerpräsident:innen zeigten sich laut seiner Einschätzung offen für eine Neuordnung der Zuständigkeiten. Ziel sei es, die Kommunen bei sozialen Aufgaben und im Bildungsbereich zu entlasten, zugleich aber den Schulen mehr Eigenverantwortung zu übertragen. Auch die Altschuldenfrage müsse gelöst werden, wenngleich diese eine wichtige aber sicher heftige Debatte auslösen werde.
Eine zentrale Forderung der Initiative ist bereits in Umsetzung: Die Schaffung eines Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung. Steinbrück hob hervor, dass es nun darauf ankomme, dass das Ministerium mit klaren Kompetenzen ausgestattet wird und Digitalisierungsprojekte sich nicht abermals im Kleinklein zwischen den Ministerien verlieren.
Ein weiterer Punkt war der Wandel der politischen Kultur: Weg von einer Misstrauens- hin zu einer Vertrauenskultur, wobei Regelverstöße weiterhin klar sanktioniert werden müssten. Es gehe darum, den „Mut zur Lücke“ zu haben – nicht alles müsse sofort und nicht alles könne für alle Eventualitäten geregelt werden. Der Druck zur Veränderung sei angesichts der wachsenden Herausforderungen groß. Die Regierungskoalition müsse sich nun auch den unangenehmen Fragen stellen und Konflikte austragen, um nicht das gleiche Urteil zu erhalten wie frühere Regierungen.
Die Initiative wird ihren Abschlussbericht im Juli 2025 vorlegen. Das Wirtschaftsforum der SPD e.V. wird die Themen rund um Staatsmodernisierung fortlaufend verfolgen. Die Relevanz ist gegeben: Es braucht einen tiefgreifenden Richtungswechsel, Prioritätensetzung und eine mutige Umsetzung, um das Vertrauen in den Staat zurückzugewinnen und dessen Handlungsfähigkeit langfristig zu sichern.