• EU-Handelspolitik: Außenwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit in Einklang

15.07.2024

Welche Strategie wird die EU-Handelspolitik in den kommenden fünf Jahren prägen? Wie es im großen Ganzen als auch mit einzelnen Freihandelsabkommen weitergeht, diskutierten wir bei einer Digitalkonferenz mit Bernd Lange MdEP, amtierender und designierter Vorsitzender des EU-Handelsausschusses.

Bernd Lange stellte eingangs fest, dass wir in den kommenden Monaten mit mehr protektionistischen Maßnahmen rechnen müssen. Neben der aktuellen Debatte um EU-Strafzölle auf E-Autos aus China ist der Ausgang der US-Wahl im November ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Dass die EU darauf reagieren muss, stehe außer Frage, so der niedersächsische SPD-Europaabgeordnete. Gleichzeitig müssten die geltenden WTO-Regeln der Maßstab bleiben, denn gut die Hälfte unseres Handels wird hierüber abgewickelt. Eine WTO-Reform sei daher unterstützenswert, werde aber allein nicht ausreichen, so Lange. Entscheidend sei folglich eine „Zwei-Wege-Strategie“: Die Frage defensiver Orientierung einerseits und zugleich ein Netz von Handelsabkommen zur Stabilisierung von Marktzugängen und gegenseitigem Ausschließen protektionistischer Maßnahmen, ergo einer partnerschaftlichen Orientierung.

Dass in der zurückliegenden Wahlperiode nicht alle Verhandlungen für weitere EU-Handelsabkommen zum Abschluss gebracht werden konnten, sei bedauernswert, sagte Bernd Lange. Doch die beschlossenen Abkommen mit Neuseeland, Kenia und Chile hätten Modellcharakter für künftige Übereinkünfte. Mit Indonesien und Australien finden bereits intensive Verhandlungen statt, auch das Mercosur-Abkommen solle zügig beschlossen werden. Eine partnerschaftliche Orientierung, etwa für die Länder des globalen Südens, bedeute eine Unterstützung entlang der Wertschöpfungskette, erläuterte Bernd Lange. Um Zugang zu kritischen Rohstoffen zu bekommen, müsse neben der Förderung auch die lokale Weiterverarbeitung gefördert werden. So könne sichergestellt werden, dass beide Seiten von den Abkommen profitieren.

Mit Blick auf die defensive Komponente der EU-Handelspolitik schilderte Bernd Lange, dass entlang eines evidenzbasierten Ansatzes im Rahmen der WTO-Regeln auf Dumping und unlautere Subventionen reagiert würde. Würden solche Praktiken etwa im Falle Chinas nachgewiesen, sei es bislang zu keiner Eskalation gekommen, unterstrich der SPD-Europaabgeordnete.

Aus der Sicht von Bernd Lange ist es eine Frage der Kohärenz, die Außenwirtschaft mit der wirtschaftlichen Entwicklung stärker zusammenzubringen und mit einer industriellen Komponente zu unterfüttern. Erforderlich ist dabei für ihn eine ausschließliche Ratifizierung der Handelsabkommen auf EU-Ebene („EU-only“), die bislang noch durch die Mitgliedstaaten ratifiziert werden müssen.

Neben den globalen Herausforderungen mit China und den USA wurde auch intensiv über den Umgang mit Investitionen in konventionelle Technologien außerhalb Europas und das Europäische CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) diskutiert. Bernd Lange kündigte eine CBAM-Konferenz für diesen Herbst an, die sich mit dem Fahrplan und der Etablierung eines „level-playing fields“ befassen soll.

Mit dem neu gewählten EU-Parlament und der neuen EU-Kommission bestehe ein großes Momentum, eine stärkere Verknüpfung zwischen außenwirtschaftlicher Absicherung und Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Vizepräsident und Moderator Matthias Machnig verdeutlichte abschließend, dass dies für eine exportorientierte Nation wie Deutschland von enormer Bedeutung sei.