• Transformation der Rüstungsbeschaffung

30.05.2025

Zur Frage „Wie gelingt die Transformation der Rüstungsbeschaffung?“ diskutierten Prof. Dr. Tomaso Duso, Vorsitzender der Monopolkommission, und Dr. Gundbert Scherf, Gründer und Co-CEO von Helsing, mit Verbandsvizepräsident Matthias Machnig sowie etwa 130 digital zugeschalteten Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft.

Vor dem Hintergrund der notwendigen und drängenden Zeitenwende müssen verfügbare Mittel, insbesondere aus dem Sondervermögen, effizient und innovationsfördernd eingesetzt werden, um die Verteidigungsfähigkeit Europas schnellstmöglich und langfristig zu sichern. Konsens bestand darin, dass Wettbewerb dabei eine Schlüsselrolle spielt. Sinkende Produktionskosten bei größeren Produktionsvolumina – dieser Maxime steht aktuell eine stark fragmentierte, national geprägte europäische Rüstungslandschaft gegenüber und ist damit kaum realisierbar.

Die Diskutierenden plädierten daher für eine stärkere europäische Koordination und den Übergang zu standardisierten, interoperablen Lösungen, um Dual Sourcing zu ermöglichen und Effizienzgewinne zu realisieren. Einzelanfertigungen und nationale Insellösungen gelten als ineffizient, besonders vor dem Hintergrund zunehmender sicherheitspolitischer Anforderungen.

Ein besonderes Augenmerk lag auf der Rolle von Start-ups und Scale-ups im Rüstungsbereich. Diese kämpfen mit schwierigen Finanzierungsbedingungen, auch weil der Verteidigungssektor bisher in vielen Taxonomie- und ESG-Regelwerken ausgeschlossen wurde und Venture Capital zurückhaltend agiert. Dies erschwere den Markteintritt innovativer Unternehmen erheblich.

Die Komplexität der Rüstungsbeschaffung sei aber nicht allein dem staatlichen Auftraggeber anzulasten – auch die Industrie trage durch eigene komplizierte Strukturen zu langwierigen Beschaffungsprozessen bei. Eine Konsolidierung auf europäischer Ebene habe bisher nicht im gewünschten Maß stattgefunden. Dies läge aber weniger an Nachlässigkeit als an nachvollziehbaren Gründen der nationalen Souveränität. Dass Argumente der nationalen Souveränität besonders in aktuellen Zeiten mehr in den Hintergrund treten würden, sei unwahrscheinlich – die Transformation der Rüstungsbeschaffung darf entsprechend nicht nur auf dem Erfolg der europäischen Konsolidierung beruhen. Diese brauche vor allem Zeit. Für neue Technologien, wie sie bereits in der Ukraine zum Einsatz kommen, sei jedoch eine paneuropäische Struktur überfällig.

Des Weiteren müssen mehr Kooperationen über nationale Grenzen hinweg eingegangen werden, etwa durch Konsortien. Zudem seien die Produzenten gefragt: Interoperabilität und technologische Integration seien zentrale Anforderungen an heutige und zukünftige Rüstungssysteme. Entsprechend müsse diese „technologische Fitness“ bereits von den Herstellern mitgeplant werden.

Diskutiert wurde außerdem, einen festen Anteil des Budgets für experimentelle Beschaffung und den Test neuer Technologien vorzusehen, um Innovationen gezielt zu fördern und technologische Sprunginnovationen nicht zu verpassen. „Mehr Europa“ müsse die Antwort auf die strukturellen Schwächen der bisherigen Rüstungsbeschaffung sein.

Das Wirtschaftsforum der SPD e.V. wird die Themen rund um Verteidigungsfähigkeit, die Transformation der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie und Fragen der nationalen Souveränität weiter verfolgen.