Berlin, 26. August 2019 – Deutschland braucht aktuell keine Debatte über die Wiedereinführung einer Vermögensteuer, erklärt das Präsidium des Wirtschaftsforums der SPD zur heutigen Vorlage eines entsprechenden „Diskussionspapiers“ durch das SPD-Präsidium. Das Land benötige vielmehr eine „grundlegende Reform seines Steuersystems – nicht zuletzt auch mit Blick auf die europäische und internationale Entwicklung“, betont Verbandspräsident Dr. Michael Frenzel.

Unbestreitbar hätten große Vermögen auch einen größeren Beitrag zum Gemeinwohl und zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten. Es gehe in der Debatte für das Wirtschaftsforum der SPD vor allem um einen klugen Weg. Keineswegs wende sich der Verband gegen die Zielstellung, die sozialen Spaltungen zu verringern und die großen Zukunftsinvestitionen in Infrastruktur und Nachhaltigkeit zu stemmen.

Das Präsidium des SPD-nahen Wirtschaftsverbands kritisiert die jetzige Festlegung auf ein risikoreiches Konzept vor der Entscheidung über die Besetzung der künftigen Parteispitze als kurzsichtig. Die im Dezember neu zu wählende SPD-Spitze sei dadurch bereits in ihrem Gestaltungsspielraum eingeschränkt. Dabei gehe es ganz grundsätzlich um die Entwicklung eines Zukunftskonzeptes der gerechten, nachhaltigen und die Wirtschaftskraft erhaltenden und stärkenden Steuer-, Fiskal- und Wirtschaftspolitik insgesamt.

Eine politische Mehrheit für die Wiedereinführung der Vermögensteuer sei ausgeschlossen. Deshalb sei der Vorschlag auch eher als Symbolpolitik zu bewerten. Sinnvoller wäre es nach Auffassung des Präsidiums des Wirtschaftsforums der SPD gewesen, praktikablere Alternativen zu diskutieren.

Eine Prüfung von Privilegien etwa bei der Erbschaftssteuer könnte eine ähnliche Größenordnung an Steuermehreinnahmen bei deutlich geringerem Verwaltungsaufwand erzielen. Ebenso sei eine Neuordnung von Subventionen und Steuerprivilegien einerseits, die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für Investitionen andererseits, eine notwendige und Erfolg versprechende Aufgabe.

Ungelöst sei in dem nun vorgelegten Eckpunktepapier insbesondere die Frage der Doppel- und Substanzbesteuerung von Unternehmenskapital. Das Papier enthalte lediglich Absichtserklärungen, aber keine tragfähigen und überzeugenden Lösungen, die gegebenenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben müssten.

Eine aktuelle Studie zum Leistungsvergleich von Familienunternehmen und Aktiengesellschaften belege zudem eindrücklich, wie fatal eine Substanzbesteuerung gerade auf die Leistungsträger des deutschen Mittelstandes wirken würde. Familienunternehmerinnen und -unternehmer agieren als „Ankeraktionäre“, die „sehr verantwortungsbewusst für wachsende Beschäftigung, höhere Effektivität und Nachhaltigkeit stehen“, unterstreicht Schatzmeister Harald Christ, der zugleich SPD-Mittelstandsbeauftragter ist.

Nicht die Starken schwächen, sondern die Schwächeren stärken, müsse die grundsätzliche Prämisse ökonomischen Handelns sein. Bereits jetzt zahle die Minderheit der sehr gut Verdienenden und der sehr Vermögenden mehr als die Hälfte der direkten Steuereinnahmen. Deshalb müsse auch nach Wegen gesucht werden, die langfristige Vermögensbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für junge Familien und auch viele Kleinverdiener insgesamt wieder möglich zu machen.

Die im europäischen Vergleich niedrige Eigentumsquote beim Wohneigentum, aber auch beim Aktienbesitz sei ein Beleg für tiefgreifende Defizite bei der gesellschaftlichen Teilhabe am Reichtum des Landes. Dazu müsse es neue Ideen geben. Das Wirtschaftsforum der SPD arbeite bereits seit geraumer Zeit in einer fachforenübergreifenden Arbeitsgruppe an entsprechenden Konzepten und werde diese in die Zukunftsdebatte einbringen.