Baulücken sind, gerade in den nachgefragten Großstädten, immer schwerer zu finden. 

Ob für mehr bezahlbare Mietwohnungen, zukunftsfähige Innenstädte oder nachhaltige Quartiere: Eine strategische Bauland- und Bodenpolitik wird von immer mehr deutschen Kommunen als Grundlage für die Stadtentwicklungspolitik erkannt. Klar ist: Günstige Mieten kann es nicht ohne bezahlbaren Grund und Boden geben, und auch eine gesunde Mischung aus verschiedenen Eigentums- und Nutzungsformen lässt sich über gezielte Bodenpolitik erreichen.

Durch das Ende Juni 2021 in Kraft getretene Baulandmobilisierungsgesetz ist der „Instrumentenkasten“, der den Städten und Gemeinden zur Verfügung steht, noch einmal größer geworden. Wir haben in einer digitalen Veranstaltung mit VertreterInnen aus Wirtschaft und Politik über die Instrumente zukunftsfähiger Bodenpolitik diskutiert: Wie lassen sich die bestehenden bauplanungsrechtlichen Instrumente effektiv und zielgerichtet für die Schaffung und Mobilisierung von mehr (günstigem) Bauland einsetzen? Welche erfolgreichen Strategien gibt es in der Baulandentwicklung – und welche Zielkonflikte? Welche Vor- und Nachteile bringt speziell das Instrument des Erbbaurechtes mit sich?

Nach der Begrüßung durch unseren Schatzmeister Heiko Kretschmer gab Prof. Dr. Arno Bunzel, Bereichsleiter und stellvertretender Direktor des Deutschen Instituts für Urbanistik, einen Überblick über das Thema Bodenpolitik. Darin betonte er, dass eine aktive, langfristig ausgerichtete Liegenschaftspolitik für die nachhaltige Stadtentwicklung unverzichtbar sei – gerade in wachsenden Städten. Angesichts der massiven Preissteigerungen für Grund und Boden, die von den übrigen Preisentwicklungen längst entkoppelt sind, und der Tatsache, dass Boden eben nicht vermehrbar sei, könne dieser nicht dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen werden. Bunzel erinnerte auch daran, dass unter der Preisentwicklung mitnichten nur der (soziale) Wohnungsbau leide – gerade auch die Wirtschaft sei betroffen, da mittlerweile bei jeder Investition der Faktor Boden mit hohen Kosten zu Buche schlage. Was die Instrumente der Bodenpolitik angeht, so schätzte Bunzel das Erbbaurecht als Chance für die Kommunen ein, allerdings käme es auf die Ausgestaltung im Detail an. Städte wie bspw. London könnten hier als Vorbild dienen. Grundstücksverkäufe durch Kommunen zum Höchstgebot erachtete Bunzel als nicht zielführend. Das neue Baulandmobilisierungsgesetz bewertete Bunzel als verbesserten Instrumentenkasten für Kommunen, angesichts vieler nur befristet geltender Regelungen bliebe jedoch auch in der neuen Legislaturperiode politischer Handlungsbedarf.

Claudia Tausend, MdB, die als zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion die Novelle des Baugesetzbuches ganz maßgeblich mit begleitet hat, stimmte dem zu. Sie bereicherte die Diskussion, die Fachforenleiter Andreas Breitner moderierte, auch mit ihren Erfahrungen aus der Metropole München, wo seit vielen Jahren das Baulandmodell der „sozialgerechten Bodennutzung“ als vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Kommune und Bauwirtschaft gilt. Unter anderem den Themenkomplex des Erbbaurechts müsse der Bundestag in der kommenden Legislaturperiode dringend angehen, so Tausend. Sie zeigte sich enttäuscht über die Blockadehaltung der Union bei der Bodenpolitik und hoffte auf mehr Spielräume in der neuen Legislaturperiode. Handlungsbedarf sieht sie auch bei der finanziellen Unterstützung des Bundes für Kommunen, damit diese Boden bevorraten können.

Auch aus Sicht der Bauindustrie sind die steigenden Baulandpreise ein Problem, betonte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie. Zwischen 2009 und 2019 ließen sich Preissteigerungen von 360% beobachten, so Müller – bei gleichzeitiger Verringerung der Flächen. Dass durch das Baulandmobilisierungsgesetz den Kommunen Instrumente an die Hand gegeben wurden, um in der oft zu beobachtenden Konkurrenzsituation zwischen Gewerbe- und Wohnimmobilien Prioritäten zu setzen, schätzte Müller als positiv ein. Ein weiteres Thema, dass die Bauindustrie derzeit umtreibt, sind die steigenden Materialpreise, die sich durch die oft lange im Voraus zugesagten Angebote und darin vereinbarten Preise auf die Erträge der Bauindustrie niederschlagen. Angesichts dieser Entwicklungen betonte Müller die große Bedeutung von seriellem Bauen und Sanieren, das politisch dringend weiter unterstützt werden müsste.

Christian Huttenloher, Generalsekretär und Vorstandsmitglied beim Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, stimmte in die Forderung ein, dass gerade die Kommunen noch mehr Unterstützung bräuchten, um die Bodenpreisspirale in den Griff zu bekommen. Wichtig sei vor allem auch, die Kommunen mit den Kompetenzen und dem nötigen Know-How auszustatten, um den Instrumentenkasten der Bodenpoltik auch richtig nutzen zu können. Gerade zwischen Metropolen und kleineren Kommunen herrsche hier oft keine „Waffengleichheit“. Huttenloher sieht dafür den Bund und die Länder in der Pflicht, letztere insbesondere auch hinsichtlich der Umsetzung der Baugesetzbuchnovelle.

In der anschließenden Diskussion mit den Mitgliedern des Wirtschaftsforums wurde ferner etwa über die Notwendigkeit eines Brachflächenkatasters gesprochen, über die Möglichkeit eines laufenden Monitorings zur Zielerreichung der Baugesetzbuchnovelle sowie über den Wunsch vieler der Teilnehmenden, dass Tief- und Hochbau in der kommenden Legislaturperiode wieder in einem Ministerium gebündelt werden. Einigkeit herrschte auch darüber, dass Bauen dringend zur „Chefsache“ werden müsse und eine Enquete-„Bodenkommission“ im neuen Bundestag zu begrüßen sei.

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