Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum in Deutschlands Städten und Gemeinden ist enorm – und steigt weiter. Jährlich 100.000 neue, geförderte Wohnungen hat sich die Ampel-Regierung vorgenommen. Tatsächlich geht der Bestand aber trotz erhöhter Bundesmittel sogar zurück. Wie der soziale Wohnungsbau angesichts gestiegener Preise, Lieferengpässen beim Baumaterial, Fachkräftemangel, Finanzierungsschwierigkeiten aufgrund steigender Zinsen und deutlich teureren Grundstückskosten dennoch forciert werden kann, war Thema einer Digitalkonferenz des Fachforums Stadtentwicklung, Bau und Immobilien am 17. Mai 2023. Vertreter von Wohnungswirtschaft und Mieterbund diskutierten mit der neuen Parlamentarischen Staatssekretärin bei der Bundesbauministerin, Elisabeth Kaiser.
Der Diskussion ging ein Impuls von Matthias Günther, Institutsvorstand, Pestel Institut gGmbH, voraus, in dem er auf den hohen demografischen Druck aufgrund der Zuwanderung bei gleichzeitig rückläufigem Wohnungsbau sprach. Er verwies auf eine hohe Zuwanderungsnotwendigkeit wegen des demografischen Wandels in Deutschland und der für 2035 prognostizierten Lücke von rund sechs Millionen Erwerbstätigen. Allerdings könne man den Zuwanderern keinen Wohnraum bieten. Auch wenn genehmigungsfähige Projekte vorlägen, rechneten sich diese oft wirtschaftlich nicht, selbst mit Förderung seien sie aus Sicht der Unternehmen unwirtschaftlich. Günthers Einschätzung korrespondierte mit der heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen: Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl im März um fast 30 Prozent zurück. Der Institutsvorstand mahnte, dass Wohnen existenziell für die Gesellschaft sei. Werde diese Aufgabe nicht gelöst, stünde die Gesellschaft insgesamt vor einem großen Problem.
Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.,skizzierte, wie sich mit den vorhandenen Mitteln mehr bezahlbarer Wohnraum bauen lässt und schlug drei Maßnahmen vor: den Ankauf ausweiten und mehr gebundenen Wohnraum schaffen, den Bestand im Segment von 6,5 bis 8 Euro pro Quadratmeter halten und den Sektor im Segment zwischen 9 und 11 Euro ausweiten. „Wir sehen derzeit einen entsetzlichen Mangel im Mietsegment von 9 bis 11 Euro je Quadratmeter, also im Bereich der für die Mittelschicht bezahlbaren Wohnungen. Auch hier braucht es mehr staatliche Unterstützung – deshalb schlagen wir etwa eine deutliche Ausweitung des Ankaufs von Belegrechten vor“, so Gedaschko.
Aus Sicht von Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes e.V., sind mittlerweile wieder mehr private Unternehmen bereit, in Sozialwohnungsbau zu investieren. Dass sich Private engagierten, begrüße der Mieterbund ausdrücklich, sagte Siebenkotten. Denn die öffentlichen Unternehmen allein würden es nicht schaffen, den Bedarf zu decken. „Wir brauchen die Privaten und wir müssen die Privaten auch einbeziehen“, sagte er. Auch Siebekotten plädierte angesichts der extrem angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt für einen Maßnahmen-Mix: „Aus unserer Sicht sollten die Umsetzung der neuen Wohngemeinnützigkeit und die im Koalitionsvertrag vereinbarten mietrechtlichen Anpassungen unbedingt dazugehören.“
Auf Erwartungen nach mehr finanzieller Förderung reagierte die Parlamentarische Staatssekretärin Elisabeth Kaiserzurückhaltend: „Mehr staatliche Gelder alleine können die derzeitige Krise am Bau nicht abwenden. Das BMWSB arbeitet daher an ganz unterschiedlichen Punkten: Die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine verbesserte Akzeptanz von seriellem und modularem Bauen, um die Effizienz zu steigern und schlanke Fördermodalitäten gerade für junge Familien und die Mittelschicht gehören dazu.“ Sie bestätigte die Veröffentlichung eines entsprechenden Eckpunktepapiers für Juni. Fachforumsleiter und Moderator der Diskussion, Andreas Breitner, stellte bereits eine Folgeveranstaltung in Aussicht.
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